: Schatten auf dem gelben Trikot
■ Positive Dopingprobe bei Pedro Delgado, dem Spitzenreiter der Tour de France / Delgado spricht von Sabotage
Berlin (taz) - „Pedro Delgado ist der Gesamttriumph nur noch durch einen Sturz oder Unfall zu nehmen“, hatte der fünfmalige Gewinner der Tour de France, Bernard Hinault, nach der 17.Etappe geunkt, dabei jedoch eine Art Mißgeschick vergessen, von der der Radsport regelmäßig heimgesucht wird: die Dopingaffäre. Aber vielleicht war es auch genau das, was Hinault mit „Unfall“ gemeint hatte.
Doping gehört zum Radsport wie das Gesäß zum Sattel. Fast jeder der großen Radfahrer wurde irgendwann einmal ertappt. Bereits 1886 fiel der erste Pedaltreter nach Einnahme von Aufputschmitteln tot vom Rad: der Engländer Linton beim Rennen Bordeaux - Paris. „Der Radsport ist ein einziger Drogenmarkt“, urteilt Olympiasieger und Weltmeister Daniel Morelon, und die Fachleute sind sich einig, daß das mörderische Programm, das die Akteure einer der härtesten Sportarten heutzutage zu absolvieren haben, ohne Hilfe von Hormonpräparaten und Anabolika nicht zu bewältigen ist.
Die meisten sind allerdings schlau genug, die hilfreichen Mittelchen rechtzeitig vor großen Rennen abzusetzen, denn dort gibt es regelmäßige Kontrollen. Bei der Tour de France zum Beispiel ist die Kontrolle der Etappensieger sowie des Trägers des Gelben Trikots obligatorisch.
Genau den erwischte es nun. In den nach der 14. Etappe entnommenen Urinproben des führenden Spaniers Pedro Delgado sowie des Niederländers Gert-Jan Theunisse wurden Anabolika -Spuren entdeckt. Zu dieser Zeit fuhr Delgado bereits zwei Tage im Gelben Trikot, hatte also schon zwei negative Proben hinter sich. Der Spanier verwahrte sich mit etwas übertriebener Wortwahl gegen jeden Verdacht und beantragte sofort eine Gegenprobe. „Ich habe nie in meinem Leben Dopingmittel benutzt und ich habe während dieser Tour auch keine Medikamente eingenommen“, versicherte Delgado und äußerte den Verdacht, daß in den von Zuschauern oder Mitfahrern gereichten Trinkflaschen etwas gewesen sein könnte.
Eine bei der Tour, wo mit sämtlichen Haken und Ösen zu Werke gegangen wird, keineswegs unwahrscheinliche Hypothese, die auch Tour-Direktor Courcol ausdrücklich für möglich hielt.
Bei Bestätigung des Verdachts durch die zweite Probe würden Delgado als „Ersttäter“ zehn Minuten abgezogen, der Tour -Sieg wäre futsch. Für diesen Fall kündigte der Spanier an, daß er sofort aufgeben werde.
Sein Entdecker, die spanische Radsportkoryphäe „Moncho“ Moliner, müßte dann mindestens ein weiteres Jahr auf die Erfüllung seiner Prophezeiung warten: „Dieser Junge wird eines Tages die Tour gewinnen.“ Ein Satz, mit dem Moliner den Vater von Delgado dazu bewegt hatte, dem damnals 18jährigen zur Radsportkarriere zu raten. Grund für Moncho Moliners Zuversicht war der ausgeprägte Adamsapfel des Pedro Delgado. „Gute Radfahrer haben einen großen Adamsapfel“, lautet die unumstößliche Theorie Moliners, dieser signalisiere nämlich „Männlichkeit“, und die brauche man beim Radfahren.
Wünschen wir dem 52jährigen „Moncho“, daß sich sein Schützling in dieser Beziehung tatsächlich ausschließlich auf seinen Adamsapfel verlassen hat.
Matti
Gesamtklassement nach der 18. Etappe am Mittwoch: 1. Pedro Delgado (Spanien) 67:09,50 Std. 2. Steven Rooks (Niederlande) 4:06 Min zurück; 3. Fabio Parra (Kolumbien) 6:00; 4. Steve Bauer (Kanada) 7:25; 5. Gert-Jan Theunisse (Niederlande) 8:04; 6. Luis Herrera (Kolumbien) 8:18; 7. Eric Boyer (Frankreich) 9:22; 8. Ronan Pensec (Frankreich) 10:37; 9. Alvaro Pino (Spanien) 13:06; 10. Peter Winnen (Niederlande) 14:08.
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