ZWISCHEN DEN RILLEN

 ■  Seele brennt

DDa brennt sie wieder, die irische Seele. Verzehret sich im Feuer der großen Dinge des Lebens (LIEBE, WAHRHEIT, ALKOHOL... nach Belieben ergänzen) und ist dabei nicht aufs Maul gefallen. Höchstens gerät sie ein wenig ins Stammeln, wenn die Kunst es verlangt, wie in „I'm sorry“, einer Art Sprechblues in John Lee Hooker-Tradition: der Mann war nicht gut zu seiner Frau, pushed her 'round, treated her bad, all das. Er gibt zu, daß er's hätte besser wissen müssen, aber er geht auf die Knie und shoutet seine Entschuldigungen heraus, auf daß die Elemente ihn erhören mögen. Die Hothouse Flowers sind nämlich gut Freund mit den Gezeiten: „The Tide is turning/We'll be rolling home/The fires are burning/We will soon be alone“ („Forgiven“). Und sie schätzen auch die einfachen Dinge, den Wind, die Wellen, die Sonne, „A buzzin fly“, „Soft sandy beaches“, „My toes submerged in the water“ („Son't go“).

Eine Urlaubsplatte also, die aber mehr sein will als das. Der Geist von Creedence Clearwater ist über Dublin gekommen. Auf breiter Front wird eingeladen zum Kopfsturz ins ganz große Gefühl, das sich im R'n'B-Urgestein gesammelt hat und nun aus der Stimme von Liam 'O Maonlai hervorsprudelt. Balladen, gelegentlich auch richtige kleine Hymnen sind die Gefäße, die es aufgefangen haben. Songs, die mit wenigen Akkorden auskommen, die voll aus der Credibility dieser Stimme setzen, wie sie ächzt und leidet, hofft und zweifelt, weise das X vom U zu scheiden weiß, dann wieder in Umnachtung taumelt, mit Dämonen ringt, dabei doch immer an MORGEN glaubt und so ganz Coe Cocker-mäßig ins Break hineinprustet: „It'll be easier in the moooorning...!“

Nicht umsonst sind die Hothouse Flowers eine Entdeckung von U2-Sänger Bono. Wenn sich das als Tanzmusik durchsetzt, wird wieder Schütteln und Gliederzucken sein in den christlichen Jugendkellern dieser Welt.

Eine Frage noch: Hätte es als Vergleich für Liam 'O Maonlais Stimme nicht auch jemand Größeres als Joe Cocker, sagen wir Van Morrison sein dürfen? „The older we get/The further we see... I have searched out the answers/To the mysteries the laws... But I still struggle on/The truth that I seek“ („The older we get“), solche Zeilen klingen ja ganz danach. Muß man aber nicht auch aussehen wie Van Morrison, um so etwas singen zu dürfen (Schaut ihn euch an auf dem Cover seiner letzten LP mit den Chieftains!)? Oder ist das eine kitschige Vorstellung, der Gestus einer Stimme müsse sich physiognomisch rechtfertigen (die Welt als Pulle und Tränensack?) Die Hothouse Flowers jedenfalls wirken bislang ziemlich fabrikneu und unramponiert, kein bißchen Lack ist ab. Aber wenn's keine Replikanten sind, kann ja alles noch kommen. Sonst muß halt der Bladerunner ran.

Thomas Groß

Hothouse Flowers: people (London/Metronome)