: Arsenschlamm als Dünger
■ Bremer Wollkämmerei liefert Landwirten hochbelastete Arsenschlämme / Niedersächsiches Umweltministerium will über Reduzierung der Belastung nachdenken
Auf „eklatante Lücken“ in der Bundesverordnung zur Kontrolle von Klärschlamm aus kommunalen und industriellen Anlagen haben die Fraktionen von SPD und Grünen im niedersächsischen Landtag hingewiesen. Abgeordnete der beiden Oppositionsparteien erklärten am Dienstag, die vorgeschriebene Regeluntersuchung des Klärschlamms auf seinen Nährwert und die Belastung mit Schwermetallen sei völlig unzureichend, um die gefahrlose Ablagerung oder Verwendung in der Landwirtschaft sicherzustellen. Anlaß sind zwei aktuelle Vorfälle in Niedersachsen, bei denen in Klärschlamm Lindan und Arsen erst jetzt bei nachträglichen Messungen festgestellt worden sind.
In den Schlämmen der Bremer Wollkämmerei, von denen Landwirte in den Kreisen Verden, Diep holz und Nienburg jährlich rund 30 000 Tonnen abnehmen und als Dünger auf ihre Äcker aufbrin
gen, ergaben Untersuchungen auf Initiative nachgeordneter Behörden einen Arsengehalt oberhalb der Grenzwerte der Trinkwasserverordnung. Daraufhin wurde die Ausbringung des Klärschlamms kurzfristig gestoppt. Laut Umweltministerium sei inzwischen zwar wieder entwarnt worden, dennoch werde aus „Vorsorgegründen“, wie es hieß, jetzt überlegt, wie der Arsen-Gehalt künftig gesenkt werden könne.
Allein in Niedersachsen fallen nach Angaben des Umweltministeriums in Hannover jährlich über drei Millionen Kubikmeter Klärschlämme an, von denen zwei Drittel auf Ackerböden landen. Der Rest wird, zum Beispiel zur Rekultivierung von Kiesgruben oder Steinbrüchen, abgelagert oder zum kleinen Teil auch verbrannt oder kompostiert. Die regelmäßige Kontrolle nach der seit 1983 existierenden Bundes-Klärschlammverordnung faßt bisher lediglich eine Reihe von
Schwermetallen ins Auge. Andere Umweltgifte sollen bisher nurdann untersucht werden, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen.
„Die jüngsten Beispiele zeigen die Schwächen dieser Regelung“, erklärte die SPD-Abgeordnete Bärbel Tewes. Ihre Kollegin von den Grünen, Marion Schole, verweist auf die zahlreichen Anfragen verschiedener Fraktionen zur Klärschlamm-Problematik und spricht von „bewußtem Wegschauen“ der Behörden. Bei den städtischen Kläranlagen könne derzeit nicht übersehen werden, was aus kleinen Industriebetrieben indirekt in die Kanalisation eingeleitet werde. Problematisch sei bei privaten Kläranlagen auch, so beide Abgeordnete, daß die Reststoffe von dem Unternehmen einfach als Wirtschaftsgut „Klärschlamm“ ausgegeben werden können und damit nur noch nach Schwermetallen untersucht werden.
dpa
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