: DIE GEGENUNIVERSITÄT
■ Neunzehn Jahre WZB
Das Wissenschaftszentrum Berlin wurde 1969 gegründet. Getragen wird es zu 75% aus Bundes- und zu 25% aus Landesmitteln. Damals vor 19 Jahren stand das WZB im Mittelpunkt der Kritik sowohl der Studentenbewegung, die es als ein Symbol der Forschungsaktivitäten der „Herrschenden Klasse“ ansah, als auch der damaligen Bundesassistentenkonferenz und der Westdeutschen Rektorenkonferenz. Erinnern wir uns, daß Ende der sechziger Jahre der Muff unter den Talaren der Professoren durch eine Reform der Universitätsgesetze gelüftet wurde. Es war die Zeit der Drittelparität, die radikale Demokratisierung der Universitäten. (Lieber Autor, vermischst du da nicht Dichtung und Wahrheit? d. säzzer) Die Allmacht der Professoren wurde abgelöst durch die 2/3-Mehrheit der Studenten und des Mittelbaus. Marxistische Theorien fanden endlich Eingang in deutsche Hörsäle. Die verknöcherten Strukturen bürgerlicher Wissenschaftsvermittlung wurden aufgebrochen. Staat und Professoren hatten nicht mehr das alleinige Sagen. Ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt und ausgerechnet in Berlin, der Hochburg der radikaldemokratischen Studentenbewegung wurde das WZB aus der Taufe gehoben. Ein Zentrum ohne studentischen Einfluß, damals konzipiert als eine Art „Gegenuniversität“ in der Rechtsform einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die Gegner sprachen zu Recht von einer möglichen privaten Monopolisierung der Forschung.
In den 19 Jahren seines Bestehens hat sich sehr viel am WZB, aber auch an den Universitäten geändert. Der Staat diktiert, die Professoren können nicht mehr einfach vom Mittelbau und den Studenten überstimmt werden. Für das WZB wurde der Konflikt umso schärfer, denn hier verlangte nun der Staat Ergebnisse, direkt anwendbare Forschung, praxisorientierte Dienstleistung von den dort beschäftigten Wissenschaftlern. Aus einer 1987 erschienenen Broschüre des WZB liest sich der Konflikt wie folgt:
„Als Beratungsinstrumentarium der Praxis hat sich das WZB nie verstanden. Es hat im Gegenteil allen Vorstellungen und Zumutungen, die auf eine vom wissenschaftlichen Erkenntnisinteresse abgekoppelte sozial-technologische Instrumentalisierung hinausliefen, widersprochen.“ Zentral für die Arbeit des heutigen WZB ist die Zusammenführung verschiedener Wissenschaften und der internationale Vergleich, womit die Anwendung und die Gültigkeit der am WZB entwickelten Theorien in anderen nationalen Zusammenhängen gemeint ist. In der Praxis steht neben der Berufung von ausländischen Wissenschaftlern die Abhaltung internationaler Konferenzen und Workshops in Berlin. Das WZB hat vier Forschungsbereiche: Arbeitsmarkt und Beschäftigung, Technik, Arbeit und Umwelt, Sozialer Wandel, Institutionen und Vermittlungsprozesse und schließlich Marktprozeß und Unternehmensentwicklung. Eine Auswahl der Publikationen des WZB zeigt, daß es sich heutzutage keinesfalls um eine Stätte der „Kapitalsicherung“ handelt. In der neuesten Ausgabe der WZB-Mitteilungen ist ein kritischer Leitartikel über die britische Luftreinhaltepolitik bzw. deren Vernachlässigung zu lesen. In der WZB-eigenen Edition Sigma sind Bücher über „Arbeitsmedizin in Italien“, „Autoindustrie und Automobilarbeiter in Mexiko“ und auch ein Buch zum Thema „Was hilft der Frauenforschung - Vorschläge für die mittelfristige Förderung von Frauenforschung in Berlin“ veröffentlich worden.
Ronnie Golz
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