piwik no script img

Anfrage an „CSU-Schnüffelstaat“

Bayerische Staatsregierung soll sich zum Vorgehen des Verfassungsschutzes gegen den WAA-Widerstand äußern / taz-Bericht aktivierte SPD-Landtagsabgeordneten  ■  Aus München Luitgard Koch

„Gerade im Umfeld der WAA nimmt der CSU-Schnüffelstaat immer dubiosere Formen an!“ stellte der bayerische SPD -Landtagsabgeordnete Dietmar Zierer fest. Im Zusammenhang mit einem taz-Bericht vom 30. Juni 1988 über die Methoden des bayerischen Verfassungsschutzes, Spitzel per getarnter Kleinanzeige zum Ausspionieren des WAA-Widerstands anzuwerben, richtete Zierer jetzt eine Anfrage an die bayerische Staatsregierung.

Ein arbeitsloser Soziologe hatte sich auf die Annonce in der Wochenendausgabe der 'Nürnberger Nachrichten‘ vom 23./24. April dieses Jahres gemeldet. Schon beim ersten Treffen entpuppte sich der Kontaktmann als Mitarbeiter des Verfassungschutzes. In der Kleinanzeige offenbart sich für den SPD-Politiker ein reichlich gestörtes Verhältnis der regierungsamtlichen Verfassungsschützer zu Demokratie und Rechtsstaat. Die Anzeige der „aufstrebenden Detektei“ in der Wochenendausgabe der 'Nürnberger Nachrichten‘ vom April dieses Jahres war sicher nicht die einzige im nordbayerischen Raum, vermutet Zierer. In seiner schriftlichen Anfrage verlangt er von der Bayerischen Staatsregierung detaillierte Auskunft über die Arbeit des Landesamts für Verfassungsschutz in diesem Bereich und eine Stellungnahme zu dem Vorfall.

Neben dem WAA-Widerstand sollte der gesuchte V-Mann auch Informationen über Autonome, Dritte-Welt-Gruppen und Anti -Nato-Gruppen sowie „antiimperialistische Bewegungen“ beschaffen. Bei dieser Arbeitsweise des Verfassungsschutzes ist es für den SPD-Landtagsabgeordneten kein Wunder, daß der WAA-Widerstand mit allen erdenklichen Gruppen in einen Topf geworfen wird. Er sieht darin für den WAA-Widerstand eine „bewußte und gewollte Diffamierung von Anfang an“. Außerdem konfrontiert Zierer das Innenministerium erneut mit der wiederholten Behauptung der Staatsregierung, daß die Anti -WAA-Bürgerinitiativen nicht vom Verfassungsschutz beobachtet würden. „Was macht die 'aufstrebende Detektei‘ denn dann mit diesen Erkenntnissen?“ will Zierer wissen. Falls seine Anfrage von der Bayerischen Staatsregierung nicht schnell und ausführlich beanwortet wird, wird die SPD -Landtagsfraktion einen Bericht über diese Machenschaften im parlamentarischen Sicherheitsausschuß verlangen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen