Wahlbekanntschaften

Die SPD entdeckt schon jetzt die Selbsthilfebewegung  ■ K O M M E N T A R

Die Sozialdemokraten gehören zu denen, die in den letzten Jahren chronisch zu spät kommen. Entdeckt die SPD ein Thema, hat es garantiert schon einen Bart. Das Wort Selbsthilfe kennt inzwischen jeder popelige Bezirkspolitiker, geschickt gewendet, gehört es inzwischen ganz selbstverständlich zur konservativen Sozialpolitik.

Die Berliner SPD, aufgeschreckt durch Bonner Grundsatzgedanken und den 1. Mai, lenkt ein. Innovationsfreudigkeit wird den Selbsthilfegruppen bescheinigt und die Fähigkeit, in die Zukunft zu blicken. Aber alles nur zusätzlich! Der oberste Grundsatz der SPD heißt nach wie vor: Das staatliche Hilfssystem, organisiert in zentralen Apparaten, ist das Beste, was den Bürgern passieren kann. So bleiben sich die GenossInnen im Grundsatz treu, der Selbsthilfegedanke wird zum schmückenden Beiwerk.

1980 wurde die SPD von den Leuten nicht mehr gewählt, die mehr wollten als von oben verordnete Reformen. Die Partei hatte sich als unfähig erwiesen, sich mit Hausbesetzern, Bürgerinitiativen und selbstverwalteten Betrieben politisch zu verständigen. Jetzt, ein halbes Jahr vor der Wahl, werfen die Sozis kokette Blicke auf das Berliner Modell von Ulf Fink. Doch der ist mit den Leuten, zu denen die SPD jetzt erste vorsichtige Kontakte knüpfen will, schon seit Jahren auf Du und Du.

Brigitte Fehrle