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GRÖFRANTZ

■ Köpfe, Könner, Kulissen: Justus Frantz, West III, Montag, 20.00 Uhr

Fernsehen aushalten. 45 Minuten Justus Frantz, den Omni -Präser der deutschen E-Musik, den holden Weichkümmel im lockigen Haar, gewinnend lächelnd, nutzgrinsend bis zu den fransigen Ohrlappen oder in schleimiger Ergriffenheit. Da fischelt er sich gleich zu Anfang durch die bundesdeutsche Prominenz, die aus Politik, Wirtschaft und Kultur gekommen ist, nach Nordelbien, den Meister und sein Werk zu feiern. Schleswig-Holstein Musik Festival , das ist 270 Mal ernste Muse an 28 Orten, Abbado, Domingo, Norman, Bernstein (Frantz nennt ihn penetrant „Lenny“), volksnah im Reitstall schon für zehn Mark. Justus bringt die Musik zu den Menschen, auf daß kein Kuhstall verschont bleibt. Eine demokratische Tat näselt Genscher, eine sinnliche Bereicherung schmatzt Engholm durchs Pfeifchen, nicht ohne den Sekundäreffekt der Werbung für unser Land zu betonen. Weizsäcker lobt die Breite der Idee und die Höhe der Qualität, dies hat nicht seinesgleichen. Aufrecht, menschlich geadelt, schaut Frantz dem Hubschrauber des Präsidenten beim Abheben zu. Weiter geht es mit dem verlogenen Händchenwaschen auf „Schloß Wotersen“, der TV -Kulisse, wo Frantz alljährlich das Erbe der Barschels zur Wiederaufführung bringt, hier pflegt Intendant Frantz seine Sponsorenschaft, die er nett Kuratoren nennt. Die zeigen sich gern mit dem juvenilen Dauergrinser (im Direktvergleich sieht sogar Maria Schell, die lächelnde Stalinorgel, alt aus), dem Musikverweser, dem Kämpfer gegen die akustische Umweltverschmutzung. 2,5 Millionen gibt die Industrie diesmal fürs Festival und 1,8 Millionen gibt das Land dazu.

Das viele Gefiedel fürs viele Geld will mit Bedeutung aufgeladen sein. Unter der Lawine der Freizeit müssen wir den Menschen die Kunst als Mittel der Selbstbestimmung wiedergeben. Tönt es aus der Mitte des Brie-Gesichts. Und auch sich selbst gibt er hin, ruhelos jettend zwischen Tokio, Moskau und München, nicht ganz umsonst natürlich, 200.000 für die Intendanz des Festivals, 200.000 für seine Auftritte, 100.000 für eine Professur in Hamburg, 100.000 als Leiter der E-Musik beim Bayerischen Rundfunk. Am Klavier dann windet er sich ergriffen beim Pianissimo, beugt sich vor, und ein Glätzchen kommt ins Bild, klein, aber wachsend, in der Künstlermähne des großen Jungen.

Ob sein Wechsel von Barschel zu Engholm nicht etwas sehr glatt verlaufen sei, und wieso er denn Frau Barschel ständig persönlich begrüße, fragt das reine Moderatorenherz. Da räuspert sich des Intendanten öliges Stimmchen. Gerade die Schwachen haben unsere menschliche Solidarität verdient, stanzt Frantz, nicht von armen Negerkindern ist die Rede, sondern von Freya, der Witwe. Räuspern auch bei der Frage nach dem „Partylöwen“, die Frantz elegant nicht beantwortet, dafür aber breit von Ich als Intendant redet, der Verantwortung, der vielen für Musik, Business und PR. Dann der Ehrgeizling auf der Autobahn, leidenschaftlicher Autofahrer, in der dahinrasenden Sponsorenlimousine staucht er per Autotelefon, seinem liebsten Spielzeug, Mitarbeiter zusammen. So einfach ist das. Ich möchte da ein Ergebnis haben. Gedenkkonzert für Axel Springer im Hamburger Michel. Das tut der ehemalige Jungunionist gern, denn stets drucken ihm die Springerschen Blätter quadratmeterweise Ankündigungen, wenn es mal wieder gilt, innerhalb eines Tages einen Saal zu füllen.

Kammerkonzert bei Richie in der Villa, völkerverständigend, dann Probe vor den Kuratoren des Festivals, die exklusiv bedient sein wollen. Opinion Leaders nennt Frantz die, ganz Schleimfrosch. Klavierkonzert in der Kölner Philharmonie, Beethoven: Ich hoffe, etwas vermitteln zu können von seinem Mut und seiner Geradlinigkeit, von den konkreten Bezügen zur Gegenwart und auch von dem Gewebe der Emotion, das ist eine transzendentale Welt, die einzigartig ist. Beethoven war auch dran, vor noch nicht ganz einem Jahr in Siegen, der kleinen NRW-Kreisstadt, am Todessonntag von Uwe, dem langjährigen Freund, da erklärte Frantz voller Betroffenheit das Konzert kurz vor Beginn zum Requiem. Einen Tag später sagte Frantz den 'Lübecker Nachrichten‘: „Uwe war in meinen Augen ein unprententiöser, ein lebenszugewandter, ein stets korrekter, wahrheitsliebender Mensch. So seltsam das jetzt klingen mag

-er hatte, so wie ich es jetzt immer deutlicher sehe, eigentlich merkwürdig wenig Ehrgeiz.“

Hans Hermann Kotte

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