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Vom Libanon zum Liebesleid-betr.: Neue Heimat in den Neuen Medien, taz vom 29.7.88

betr. „Neue Heimat in den Neuen Medien“, taz v. 29.7.88

Es ist schon wirklich bezeichnend, was aus den großen Ansprüchen der SPD anläßlich ihrer Medienwende, die Einführung des Kommerzfunks „gestalten“ zu wollen, geworden ist. An Partei- und Gewerkschaftsbasis vorbei beteiligt man sich finanziell an Kommerzfunkunternehmen und versucht so bundesweit ein Network aus sozialdemokratisch -gewerkschaftlich mitfinanzierten Radioketten aufzuziehen. Dem dient ja auch die in Bonn ansässige Werbe und Programm GmbH, die an kommerzielle Radios Programme verkauft. Zynisch ist die Behauptung der SPD, mit ihrem Vorgehen keine inhaltliche Einflußnahme auf die Sender zu beabsichtigen. Die Sender sollen sich rechnen, Werbung soll massiv verkauft werden, dies erfordert allerdings ein entsprechendes Programm: Rock und Pop und Pop und Rock, dazwischen Libanon und Liebesleid. (...)

Mit diesem Vorgehen der SPD/DGB-Führung findet eine klammheimliche Wende der aktiven Medienpolitik statt, während die betroffenen Gewerkschaften nichts wissen, oder nichts wissen wollen. Dabei zeigt das Engagement des DGB in Hamburg, wie fatal der Tanz mit den Kommerziellen verlaufen kann. Dort ist die Gewerkschaft an einem Sender (OK-Radio) beteiligt, der sich gegen den Abschluß eines Tarifvertrages seit seiner Gründung wehrt. Die Hamburger Gewerkschaften unterstützen somit ein gewerkschaftsfeindliches Unternehmen!

Wohin die Reise dieser Politik geht, zeigt sich in Frankreich. Dort hat die Sozialistische Partei ein Network (NRJ) massiv mitgeschaffen, das heute der größte Programmlieferant der französischen Lokalradios ist. Dieses Network ist gekennzeichnet durch ein Programm, daß inhaltlich kaum noch unterboten werden kann, Top-100 Musik und kaum Wortbeiträge. Dies ist das Ziel der SPD/DGB Politik. Jeder medienpolitisch Verantwortliche in diesen Organisationen kann darüber nicht hinweggehen mit dem Argument der reinen ökonomischen Beteiligung (...)!

Philippe Ressing, Wissenschaftl. Mitarbeiter der Grünen im Bundestag, Bonn

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