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45 Grad im Schatten: Umberto Eco / Italo Calvino

Das Thema der diesjährigen Frankfurter Buchmesse ist Italien. Der größte Knüller wird auch von dort kommen. Umberto Ecos neuer Roman. Die 11 Zeilen Meldung in 'Publishers Weekly‘ lautete: „'Foucaults Pendel‘ ist die Geschichte der schwierigen Situation, in der sich drei Mailänder Verleger befinden, die von all den Manuskripten über okkulte Wissenschaften und Geheimgesellschaften genug haben und sich entschließen, eine eigene story zu erfinden um festzustellen, daß jemand sie ernst nimmt.“ Der Foucault des Pendels heißt nicht etwa Michel und ist vor ein paar Jahren gestorben, sondern es handelt sich um den Physiker Jean Bernard Leon Foucault, der 1851 ein Instrument erfand, um die Erdrotation nachzuweisen. Ecos neuer Roman wird in Italien wie fast alle Bücher des erfolgreichsten Romanautors des Landes, der im Hauptberuf nach wie vor Professor für Semiotik ist, bei Bompiani erscheinen. Die kleine Notiz in 'Publishers Weekly‘ hat natürlich weltweit für Furore gesorgt. Eco wird hoch gehandelt und die Zeiten sind vorbei, da der usamerikanische Verlag Harcourt & Brace den 'Namen der Rose‘ für 5000 Dollar kaufte und ein Jahr später die Taschenbuchrechte für 550 000 Dollar an Warner Books weiterverkaufen konnte. Eco freut sich über den Geldsegen: „Ich kann mir jetzt alle alten Bücher kaufen, die ich haben möchte.“ Über den Inhalt seines neuen Romans ist nichts bekannt. Desto mehr wird ein Ausspruch Ecos kolportiert, bei dem freilich auch nicht ganz sicher ist, daß er wirklich von ihm stammt: „Mein neuer Roman verhält sich zum 'Namen der Rose‘ wie James Joyce zu Alexandre Dumas.“ Ob die deutsche Ausgabe wieder bei Hanser erscheinen wird, ist nicht sicher. Jedenfalls darf vor der Buchmesse keine Erklärung raus. Zu hoffen ist, daß Burkhard Kroeber wieder die Übersetzung macht.

Aktueller Bestseller in Italien sind Italo Calvinos Harvard Lectures, die sich mit Themen wie 'Leichtigkeit‘, 'Geschwindigkeit‘ und 'Genauigkeit‘ beschäftigen. Das Buch alles andere als ein zum Verschlingen einladender Schmöker ist am 11. Juni in Italien erschienen und nach einem Monat waren 70 000 Exemplare verkauft. Der Hanser-Verlag wird den Band erst im Früh

jahr 1990 herausbringen. Italo Calvino-Fans können aber im Frühjahr 1989 mit seinen 'Cosmicomici‘ rechnen. Auf der Bestsellerliste folgt mit 60 000 Exemplaren Stephen Hawkings Kritik der Big Bang Weltentstehungstheorie. Hawking, den wir schon in den Tagesthemen sahen, wie er in seinem Rollstuhl sitzend mit einem Finger einen Kleincomputer bedienend, der diese digitalen Reize in menschliche Sprache mit Automatenstimme übersetzte, wird in Deutschland erst im Herbst bei Rowohlt erscheinen. Titel: „Eine kurze Geschichte der Zeit.“ Italiens Buchhandlungen boomten im Juli: um die 35 000 Mark Umsatz täglich machte z.B. die Buchhandlung Rizzoli in Rom.

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