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Belgrad hebt Preisbindung auf

■ Das mit dem IWF abgestimmte Regierungsprogramm zielt auf die Eindämmung der Inflation / Inflationsrate gegenwärtig bei 180 Prozent / Preise teilweise um über 66 Prozent gestiegen

Belgrad (ap) - Nach der Aufhebung eines Preisstopps im Mai hat die jugoslawische Regierung am Donnerstag die staatliche Preisbindung für zahlreiche Waren und Dienstleistungen, darunter Energie- und Verkehrsbetriebe, abgeschafft.

Gleichzeitig wurden nach Pressemeldungen den Herstellern von Speiseöl, Mehl und Brot Preiserhöhungen zugestanden, doch behält sich die Regierung bei Grundnahrungsmitteln eine weitere Preiskontrolle vor. Beobachter halten es für möglich, daß die Preisfreigabe zu einem weiteren Inflationsschub und neuen sozialen Spannungen führen wird. Die Inflationsrate liegt gegenwärtig um 180 Prozent.

Aufgehoben wurde die staatliche Preisbindung unter anderem für Benzin, Dieselkraftstoff, Elektrizität, Gas, Kohle, den Eisenbahnverkehr und den Postdienst. Die Preise, die seit Ende des Zweiten Weltkrieges fast durchweg staatlicher Kontrolle unterworfen waren, können nunmehr von den Herstellern und Dienstleistungsbetrieben frei festgesetzt werden. Der Strompreis stieg sogleich um 39 Prozent, Fahrkarten für die Eisenbahn wurden um durchschnittlich 55 Prozent teurer, und Speiseöl kostet 66 Prozent mehr. Die neuen Preise beispielsweise von Treibstoff und Brot waren zunächst noch nicht bekannt.

Im Mai war es in Jugoslawien zu Protestdemonstrationen gekommen, nachdem die Regierung beträchtliche Preiserhöhungen und Lohnkürzungen eingeführt hatte. Dabei wurde der Preisstopp für rund 60 Prozent der Waren und Dienstleistungen aufgehoben, deren Preise seit November vergangenen Jahres eingefroren waren. Das mit dem Internationalen Währungsfonds abgestimmte Regierungsprogramm verfolgt den Zweck, auf dem Weg über eine mehr am Markt orientierte Wirtschaft die Inflation einzudämmen und die 21 Milliarden Dollar betragende Auslandsverschuldung abzubauen.

Nach den Vorstellungen von Regierung und Internationalem Währungsfonds soll die Inflationsrate bis zum Jahresende auf 95 Prozent gefallen sein. Jüngste amtliche Schätzungen lassen aber darauf schließen, daß nach einer Welle von Preissteigerungen dieses Ziel wohl kaum erreicht werden dürfte. Selbst nach optimistischen Voraussagen wird die Inflationsrate zum Jahresende bei mindestens 130 Prozent liegen.

Infolge der unpopulären Regierungsmaßnahmen wird auch mit einem weiteren Sinken des Lebensstandards gerechnet, der seit 1980 bereits um mindestens ein Drittel gefallen ist. Dieser Umstand könnte zu neuen Unruhen bei den Arbeitnehmern führen.

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