: Doping statt Schiebung
Gedanken zum Deutschen Derby in Mariendorf ■ S T O F F - P F E R D E
Unzeitgemäß! Fällt das Stichwort „Trabrennen“ wird es noch heute mit dem Begriff „Schiebung“ in Verbindung gebracht. Nicht, daß nun alle Besitzer und Trainer Engel wären, aber „geschoben“ im großen Stile wird auf Deutschen Bahnen nicht mehr. Dazu ist die Konkurrenzsituation zu groß. Da überlegt es sich ein Fahrer zweimal, einen „sicheren Sieger“ nicht nach seinem Leistungsvermögen, sondern nach der Quote am Wettschalter zu fahren. Und wenn das große Geld auf dem Spiel steht, wo dem Besitzer des Siegers immerhin 295.000 Mark ausgezahlt werden, dann sind die Damen und Herren im Sulky die Ehrlichkeit in Person. Fair geht vor, lautet dort die Devise. Fair? Heute vielleicht. Und Morgen?
Trabrennen ist ein schnellebiges Geschäft geworden. Schnell verlieren die Aktiven das Vertrauen der Besitzer. Und damit auch ihre Einnahmequelle. Da läßt sich so mancher Schlingel etwas einfallen. Und aus dem Schlingel wird schnell ein Ganove. Denn: Heute ist nicht nur die Knete des Zockers gefährdet, sondern auch die Gesundheit des lebenden Sportgeräts.
Doping. Im Futter oder gespritzt. Da siegen plötzlich krasse Außenseiter, „Tote Gäule“, die lange nichts mehr für ihren Haferkonsum haben tun können. Selbstverständlich haben sich die Oberen der Trabrennvereine längst auf die neue Situation eingestellt. So schaffte sich der Trabrennverein Mariendorf medizinisches Gerät in Millionenhöhe an. Mit Erfolg. Schon mehrfach konnten Dopingsünder erwischt werden. Bestraft indes - dafür ist eine andere Institution zuständig - wurden sie, wie sich Berlins Traber-Chef von Kolpinski ärgerte, „so als hätten sie eine geringfügige Ordnungswidrigkeit begangen“. Kolpinski weiter: „Wenn nicht endlich empfindliche Strafen eingeführt werden, schaffen wir die Proben ab.“ Ob das der richtige Weg ist, darf bezweifelt werden.
Wenn sich Sportler, Radrennfahrer bei der Tour de France z.B., ihren Körper ruinieren, so machen sie das zumeist nach eigenem Gutdünken. Sie wissen ob der Gefahr. Der frühe Tod Birgit Dressels bleibt unvergessen. Er steht Mahnwache. Wer sich an den großen, warmen, schnaubenden, zutraulichen und nervösen Pferden vergeht, wer ein anderes Lebewesen dopt der schnellen Kohle wegen, der sollte aus dem Traber-Geschehen rausgeschmissen werden. Nicht für einen Monat, oder ein Jahr. Sondern für immer!
Holger Schacht
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