: Pastor Schmidt bleibt Spielball der Militärs
Seit zwei Monaten wird Klaus Schmidt vom philippinischen Militär festgehalten / Nach Freispruch nun Vorwurf der Subversion / Militärs benutzen Fall für antikommunistische Kampagne / Aquino machtlos gegen Militärapparat / Katholische Kirche verlangt Dialog mit Guerilla ■ Von Gerhard Körte
Münster (taz) - Die Hoffnung des deutschen Pfarrers Klaus Schmidt, der heute vor zwei Monaten auf der Rückreise von einer abgelegenen Halbinsel südöstlich Manilas gemeinsam mit dem schwedischen Journalisten Herrmann Hermanson und dem philippinischen Geschäftsmann Antonio Bush an einem Armeecheckpoint festgenommen wurde, auf eine schnelle Klärung der absurden Beschuldigungen haben sich nicht erfüllt.
Nachdem die Vorwürfe, vor allem Mord, Mordversuch und Entführung überzeugend widerlegt werden konnten, hat das Regionalkommando der Streitkräfte im Camp Nakar Subversionsverdächtigungen nachgeschoben, gegen die eine angemessene Verteidigung kaum mehr möglich ist. Was zunächst als isolierter Alleingang einer Ex-Verteidigungsminister Envile zuzurechnenden Offiziersgruppe verstanden werden konnte, entpuppte sich nun als wohlüberlegte Strategie des Militärs - quer durch alle Fraktionen. Mit dem Vorschlag von Brigadegeneral Honesto Isleta, der als Vertrauter von Verteidigungsminister Ramos gilt, den Pfarrer gegen fünf von der linken Guerilla-Organisation „Neue Volksarmee“ (NPA) gefangen gehaltene Offiziere auszutauschen, hat die Infamie der Kampagne ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht.
Dabei hatte der „Oberste Gerichtshof“ am 30.Juni mehrheitlich die Habeas-Corpus-Petition der drei Antragsteller zwar abgelehnt, aber immerhin dem Transfer aus dem Gefängnis von Lucena in die Obhut des „Nationalen Kirchenrates“, stattgegeben.
Nachdem sich Protestbriefe und Telegramme, vor allem aus Deutschland und Skandinavien, aber auch von internationalen Organisationen wie dem Weltkirchenrat stapelten, versuchte eine hochkarätige Minister-Parlamentariergruppe, die Streitkräfte zu einem zügigen Abschluß zu veranlassen. Als Vertreter der Justizbehörden kündigte der zuständige Bezirksstaatsanwalt Diamante informell eine Einstellung der Ermittlungen an.
Daß Klaus Schmidt sich voraussichtlich einem langwierigen Gerichtsverfahren mit ungewissem Ausgang stellen muß, demonstriert erneut die starke Position des Militärs innerhalb der philippinischen Formaldemokratie. Der Fall kann als exemplarische Mikrostudie der Aufruhrbekämpfung, die seit Jahresbeginn das Schwergewicht auf die Zerschlagung der politischen Infrastruktur der NPA legt, gelten. Um ihre Behauptung zu untermauern, ließen die Verantwortlichen im Camp Nakar z.B. angebliche Zeugen zurechtprügeln, zahlten Bauern der Halbinsel für entsprechende Aussagen hohe Bestechungsgelder und drohten bei einer Weigerung die Bombardierung ihres Dorfes an. Sicherheitskräfte verschleppten einen Mitarbeiter des „Nationalen Kirchenrates“ und zwangen ihn unter schwerer Folter zum „Geständnis“, daß die Organisation ausländische Gelder an die Guerilla schleuse.
Die anhaltende Schwächung demokratischer Institutionen dürfte zu den Haupzielen der Militärs gehören. Die mächtige katholische Kirche ging vor wenigen Wochen deutlich auf Distanz zur von der Aquino-Regierung bislang mitgetragenen Militär-Strategie und verlangte sowohl die Auflösung der rechten Bürgerwehren, wie die Aufnahme neuer Führungsgespräche mit der Guerilla.
Klaus Schmidt beschrieb diesen Verfallsprozeß im Militärknast. „Die Regierung behauptet, das Land sei eine wiederhergestellte Demokratie, salopp gesagt eine 'Neubaudemokratie‘. Ich sehe überall 'einstürzende Neubauten‘.“ Selbst konservative Politiker, wie Senator Ofmena bewerten die Rückkehr der Militärs zu Marcos Methoden als Versagen der Regierung. Die Stadtautobahn, an der der Volksaufstand stattfand, bezeichnete als „Boulevard der zerbrochenen Träume“.
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