piwik no script img

Chinas Polizei „lernt dazu“

■ China baut in Zusammenarbeit mit ost- und westeuropäischen Ländern Spezialeinheiten aus / Staatsführung über zunehmende Streiks beunruhigt

Peking (afp) - In enger Zusammenarbeit mit west- und osteuropäischen Polizeidiensten werden in der Volksrepublik China Elite-Einheiten zur Abwehr von Terroristen und zur Niederschlagung von inneren Unruhen gebildet, berichten westliche und östliche Diplomaten in Peking. Die ersten zur Bekämpfung des Terrorismus geschaffenen Spezialeinheiten, integriert in die kasernierte Polizei, haben bereits ihren Dienst aufgenommen, nachdem sie intensive Ausbildungskurse in mehreren westlichen Ländern absolvierten. Besonders eng ist die Zusammenarbeit mit Österreich und Polen. Wien hatte nach diesen Angaben kostenlos die Hilfestellung seiner Antiterror-Einheiten angeboten, die zu den effektivsten der Welt gezählt werden, während die Erfahrungen der polnischen Regierung bei der Unterdrückung von inneren Unruhen das Interesse der chinesischen Polizei weckten.

Die Pekinger Führung scheint wegen der um sich greifenden Demonstrationen, Streiks und Sabotageakte, die mit den tiefgreifenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umwälzungen zusammenhängen, zunehmend beunruhigt. Außerdem mußten die Pekinger Behörden im Juni erstmals die dort lebenden Amerikaner zur Wachsamkeit veranlassen, weil es Anzeichen für einen bevorstehenden Anschlag von Terroristen „aus einem Land des Nahen Ostens“ gab.

Seit der österreichische Innenminister Karl Blecha Anfang 1986 in China mit dem Minister für Öffentliche Sicherheit Ruan Chongwu und dem Minister für Staatssicherheit Jia Chunwang zusammentraf, reisten mehrfach chinesische Polizei -Einheiten zu Trainingskursen nach Österreich. Österreichische Experten bildeten gleichzeitig in der Volksrepublik chinesische Geheimdienstbeamte in Techniken der „Informations- und Datenverarbeitung“ aus, berichten westliche Diplomaten. Dank dieser technischen Assistenz aus Wien sei am Pekinger Flughafen eine Sondereinheit gebildet worden.

Die Polizei arbeitet auch mit anderen westlichen Ländern zusammen; so wurden bereits mehrere „Studienmissionen“ nach Frankreich geschickt und von französischen Anbietern hochentwickeltes technisches Material gekauft. Die seit mehreren Jahren bestehende Kooperation mit dem polnischen Innenministerium dient in erster Linie der Vorbeugung, Kontrolle und Niederschlagung von inneren Unruhen. „Jeder weiß, daß Polen auf diesem Feld große Erfahrung hat, während die Chinesen hier noch viel lernen müssen“, meint dazu unbefangen ein osteuropäischer Diplomat in Peking. Als der polnische Ministerpräsident Zbigniew Messner im Juni die China bereiste, teilte ihm Staatspräsident Yang Shangkun seine „Bewunderung“ für die Art und Weise mit, mit der Polen seine sozialen Konflikte meistere. Parteichef Ziyang erklärte gegenüber Messner, die chinesische Regierung rechne in den nächsten Jahren mit einem Ansteigen der sozialen Unruhen.

Zehntausende Studenten, die im vorletzten Winter in rund 20 chinesischen Städten für mehr Demokratie auf die Straße gingen, wurden von den Behörden als erste scharfe Warnung begriffen. In der Nacht zum 18.Juli 1987 explodierte eine Bombe auf dem „Platz des Himmlischen Friedens“ im Pekinger Zentrum, mehrere gegen den Zugverkehr gerichtete Sabotageakte wurden bekannt, im Oktober 1987 und im März dieses Jahres kam es in Tibet zu blutigen antichinesischen Aufständen. Mit dem Anwachsen der sozialen Spannungen, oft hervorgerufen durch die aktuell stärksten Preissteigerungen seit Gründung der Volksrepublik im Jahre 1949, kommt es auch zunehmend zu Streiks und Arbeitsniederlegungen im ganzen Land.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen