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GAMMLER UND TRAMMLER

■ „Embryo“ und „Yoruba Dun Dun“ in der UFA-Fabrik

Draußen war es noch verdammt schwül, drinnen beschworen die Trommeln des „Yoruba Dun Dun Bata Orchesters“ Shango, den Donnergott. Im Lichte der Scheinwerfer wäre es heißer als in Indien gewesen, sagt Embryo Gerald Luciano nach dem Konzert. Auf dem Plakat steht „west-german band“ und „authentisches Afrika“. Die besten nigerianischen Trommler spielen mit Embryo, der vielleicht letzten (auch wenn man sagt, daß Amon Düül irgendwo wieder aufgetreten sein soll) deutschen Rocklegende. 15 Jahre bevor irgendwo von World Music die Rede war, haben sie Ethno-Beat gemacht (mit dem Kanataka College of Percussion). „Der Christian hat mal einen kennengelernt, und dann hat der Lamidi uns eingeladen, und dann sind wir dann hin nach Nigeria ins Dorf. In Afrika war's wie eine Familie. Jung und alt um mich herum. Total gerührt bin ich.“ (Gerald)

Wer Jazzrock mag, soll es Jazzrock nennen, was die Embryos da machen. Keyboards, Bass, Gitarre, Drums, Geige, Vibraphon, andere Instrumente stehen bereit für die excellenten Musiker, und immer wieder hebt sich die Gitarre aus dem Klangteppich, und man denkt an die endlos genial meditativen, ethnomäßig verpopten Improvisationen von Jerry Garcia (Grateful Dead) und „Dark Star“ - „das kennt der Gitarrist wahrscheinlich nicht mal“ (Gerald). Nord und Süd vermischen sich nie, sie spielen nebeneinander, regen sich an - vorne die drei nigerianischen Trommler, merkwürdige Trommeln, „Dun-Dun, Gudu-Gudu, Bata-jeilu, Bata-Emilabo, Bata-Emilako... - im Hintergrund die Band. Gerald (Bass, Drums) vermittelt zwischen beiden, tritt zwischen die Trommler, grinst einen an - das Lächeln wird erwidert oder nicht, tritt wieder zurück.

Dann spielen die Trommler alleine. Jede Trommel ist einer Naturgottheit zugeordnet, Shango, Obatala, wer kennt die Namen? Sie scheinen mit einem bestimmten Rang verbunden zu sein; eine große Dun-Dun führt, eine kleinere begleitet, eine Gudu-Gudu spielt den Beat oder den Gegenbeat. Der Embryo spielt die kleinste Trommel - „und dann merkst du, daß du das nicht kannst, was sie können... Du nimmst den Puls der Musik und versuchst das zu verarbeiten“. So entsteht Ethno-Beat, nicht im Nachspielen, das immer auch kulturelle Unterschiede ignoriert.

Eingehüllt in eine biegsame Bambuswand - Buchstaben und einfache Gesichter sind draufgemalt - wischt ein Unsichtbarer über die Bühne. Er entrollt sich und steht als Maske da, zuckt zusammen bei jedem Trommelschlag, wiegt sich und stößt mit dem Becken, schlägt Flic-Flacs und Saltos, vier oder fünf rückwärts in Folge und verschwindet. Oder Puppen tanzen über der Bambuswand; rot der Mann und gelb die Frau. Am Ende erzählen die Instrumente, die wechselseitig heraustreten, wieder Geschichten, die in Afrika umso deutlicher und interessanter werden; die Nigerianer lächeln unentwegt - damda-damdadam - zwei Embryos hüpfen begeistert.

„Es gibt verschiedene Leute, die hängen eben zusammen. Embryo eben... Wenn du's vom Standpunkt eines Säuglings siehst, ist Embryo keine Family; vom Standpunkt eines Außerirdischen... der könnte Embryo schon als Family bezeichnen...“

taz

Nord-Süd Ethno-Beat Embryo und Yoruba Dun Dun, UFA-Fabrik, Viktoriastraße (Tempelhof), 9.-14.8., 21.30 Uhr.

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