: Bayerns Umweltbilanz - jo mei
■ Alfred Dick, Umweltminister im CSU-Staat, brillierte durch populistisches Gehabe / Was ein Pkw mit Frankens Dreckschleuder Arzberg gemein hat, das weiß der Dick
München (taz) - „Wir versuchen nicht durch populistisches Gehabe zu brillieren“, erklärte gestern der bayerische Umweltminister, Alfred Dick (CSU), auf seiner „Bilanzpressekonferenz“ zur bayerischen Umweltpolitik in den vergangenen zwei Jahren. Stolz verkündete er, daß in Bayern während der vergangenen zweieinhalb Jahre „Störfälle“ und Umweltskandale mit drastischen Auswirkungen vermieden worden seien.
Erfolgreich hat man nach Ansicht des Ministers auch die Emmissionen bekämpft. „Arzberg, na ja, das hab ich damals eingeweiht und dann hat's glei ned funktioniert“, meinte Dick schulterzuckend zur Pleite mit dem neuen Reinigungssystem für „Frankens Dreckschleuder Nr. eins“, dem Heizkraftwerk Arzberg. Seit über einem Jahr läuft das Werk ohne Rauchgasentschwefelung und hat monatlich einen Ausstoß von 8.000 bis 10.000 t Schwefeldioxyd. „Selbst wenn's einen neuen PKW kaufen kann's Ihnen passieren, daß er am ersten Tag in'd Werkstatt muaß“, entschuldigte Dick das Versagen.
„Jetzt will ma was beseitigen, und na paßt's wieder ned“, meinte Minister Dick ganz treuherzig in Sachen Abriß des AKW Niederaichbach. Der Abriß des Schrott-Reaktors wurde Anfang dieser Woche vom Regensburger Gericht genehmigt (siehe taz v. 9.8.). Das Aktivitätsinventar sei geringer als das einer Kobaltbestrahlungsanlage in einem Krankenhaus, und es falle auch keinerlei hochradioaktiver Schrott an, beruhigte das Ministerium. 3.000 Fässer mit radioaktivem Müll werden nach Auskunft des Umweltministeriums anfallen. Bis der Reaktor abgetragen sei, wird auch das notwendige Endlager im Salzstock „Schacht Konrad“ verfügbar sein, so der Minister.
In Hinblick auf die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl betonte Alfred Dick: „Die Maßnahmen des Umweltministeriums waren richtig.“ Das Problem lag seiner Meinung nach nur darin, daß es nicht möglich war, über Anzeigen in den Medien „überall die gleichen Informationen“ durchzusetzen. 3O Meßstationen zur Messung der radioaktiven Belastung, über ganz Bayern verteilt, seien danach eingerichtet worden. Die Daten aus den Meßprogrammen werden zentral in der Datenbank des Umweltministeriums gespeichert und ausgewertet. Mit insgesamt 66 Meßstationen sei dieses Meßnetz nicht nur das größte innerhalb der Bundesrepublik sondern auch eines der ganzen Welt, sagte Dick. In den nächsten zwei Jahren sollen zwei derartige Informationssysteme für den Boden und Umweltchemikalien aufgebaut werden. Das Ministerium habe deshalb eine Pilotstudie „Informationssystem Umweltchemikalie“ in Auftrag gegeben.
Als „reine Showveranstaltung“ kritisierten die bayerischen Grünen Dicks Auftritt. „Die drei schlimmsten Großprojekte der Republik, die WAA, der Großflughafen München II und der Rhein-Main-Donau-Kanal werden im Freistaat rücksichtslos durchgepeitscht“, so die Sprecherin des Landesvorstands, Heide Meinzolt-Depner. Durch statistische Tricks versuche die bayerische Staatsregierung das fortschreitende Waldsterben zu vertuschen.
Luitgard Koch
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