: Zimmermannsches Kabinett
■ betr.:Grünen-Streit zu den Roma in Bremerhaven
„Wir sind vor Ort zu der Auffassung gekommen, daß es sich hier (bei den Roma) nicht um politische Flüchtlinge handelt.“
Wenn der geneigte Leser meint, der grüne Stadtverordnete Harry Bohnsack hätte sich in Jugoslawien informiert, so irrt er. Ein Besuch im Lager genügte, und schon wußte er Bescheid. Auch die politischen Schlußfolgerungen schüttelt er gekonnt aus dem Ärmel: „Die BRD ist kein Einwanderungsland“ / „Wir sind für ein uneingeschränktes Asylrecht, aber nicht für jeden“ / „Wir müssen auch Verantwortung tragen gegenüber der deutschen Bevölkerung“. Sätze, die aus dem Zimmermann'schen Kabinett entnommen sein könnten.
Doch nicht unwidersprochen: Immerhin gab's noch einen Aufschrei der Entrüstung auf der Mitgliederversammlung der Grünen in Bremerhaven. Als Reaktion auf die offensichtlich rechten Positionen innerhalb der Partei erfolgten Forderungen nach Disziplinarmaßnahmen und personellen Konsequenzen sowie das eilige Hinzureisen eines Bremer Grünen, zwecks „Schadensbegrenzung“ und um „persönliche Überzeugungsarbeit“ zu leisten.
War das Ziel nur, Einigkeit nach außen herzustellen - und sollte deshalb das Thema so schnell vom Tisch? Oder werden öffentliche Äußerungen zur Situation von AusländerInnen Bohnsack, Vogel etc. überlassen, weil die anderen vor ihrer unbewältigten Fremdenangst zurückschrecken und sich deshalb der Diskussion möglichst schnell entziehen?
Gerade deshalb wäre jedoch eine breite, inhaltliche Auseinandersetzung über die geäußerten Positionen und die Grundhaltung, die dahintersteht, erforderlich.
So z.B. über die Behauptung, es gäbe eine säuberliche Trennung zwischen politischen und wirtschaftlichen Flüchtlingen. Im Jahr der IWF-Tagung, zahlloser Veranstaltungen über den Zusammenhang beider Themenkomplexe sollte die Erarbeitung einer fundierten Position möglich sein, die auch dem letzten Grünen deutlich macht, daß das scheinbar plötzliche Auftauchen von 600 Roma aus Jugoslawien in Bremerhaven kein Zufall ist. Flüchtlingsrat Bremen
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