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EINE DIA-PRODUKTION

■ Statt Musik „Klatsch“ in der Bochumer Straße 9

Auf die Frage, ob es sich bei diesem Stück um experimentelles Theater oder Avantgarde-Musik handele, antworteten die beiden Plastiker Benny Gotmann und Ralf Samens: „Nein, um eine Zeichnung“, die nicht schlecht war was nicht etwa als Seitenhieb gegen die Kritiker gemeint ist, sondern als Klage darüber, daß das Publikum übersatt sei von der Mixtur aus Meldungen, Hintergrundberichten, Kommentaren, Klatsch und Tratsch, die die Künstler tagtäglich offerieren. Aufs Wesentliche, aufs Un-Erhörte, aufs wirklich Neue sei im Grunde keiner mehr scharf. Und das heute, wo neben den Klatsch noch Dutzende von Fernseh- und Radioprogramme getreten sind. Bis zur völligen Abstumpfung überhäufen die Medien unsere Wahrnehmungssinne mit erbetenen und unerbetenen Informationen, das ist wohl wahr. Und doch: ausgerechnet das, was uns tatsächlich interessieren würde, erfahren wir auf diese Weise nicht.

Ist das fair? Nein, haben sich Gotmann und Samens gesagt, und am Mittwoch das Stück „Klatsch“ im Hinterhof der Bochumer Straße 9, Moabit, aufgeführt. Selbst dort aber waren offenbar Tarnungsmaßnahmen erforderlich: Keineswegs um den Klatschinstinkt gehe es ihnen, so betonten die Klanginstallateure, sondern um die Befriedigung „höherer“ Neugierden.

Soweit, so brav. Doch weder diese Beteuerung, noch die weitere Schutzbehauptung, ihr Augenmerk richte sich zunächst auf so unverfängliche Gegenstände wie Alchemie, die Kunst des Wäschefaltens und weitere fernöstliche Weisheitslehren, werden den Rezensenten, der an diesem Abend als Musikkritiker getarnt erschien, von dem Eindruck befreien, daß dies hier ein weiteres Strandprojekt der dezentralen Kulturpolitik darstellt. Man kann den beiden Zeichnern nur wünschen: Zurück in die Kongreßhalle.

T.Turner

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