: Franke klärt Schulstandorte
■ Bildungssenator veröffentlicht Lösungsmodell: Kippenberg wird Sek.I-Zentrum, Hermann Böse wird Oberstufe, Hamburger Straße bleibt / Franke: „Mit Protesten muß ichleben“
Die Würfel in der Frage, welche Schulen in Bremen künftig weiterbestehen und welche geschlossen werden, sind gefallen. Völlig überraschend gab Bildungssenator Horst Werner Franke gestern die Lösung bekannt, die er sich für sein umstrittenes Schulstandortkonzept ausgedacht hat. So sieht sie aus: Einzige gymnasiale Oberstufe in Schwachhausen wird das bisherige Hermann-Böse-Gymnasium. Das Kippenberg -Gymnasium muß bis 1995 - wenn die letzten jetzt eingeschulten SiebtklässlerInnen dort ihr Abitur gemacht haben - seine Oberstufe aufgeben und wird Schulzentrum für die Sekundarstufe I. Neben GymnasialschülerInnen der Klassen 7 bis 10 nimmt es auch die Haupt- und RealschülerInnen auf, die bislang die Lothringer Straße besucht haben. Das dortige Schulgebäude wird aufge
geben und verkauft.
Mit dem Erlös will der Senator die Schule Hemelinger Straße renovieren und eltern- und SPD-wunschgemäß für die Gesamtschule Mitte herrichten. Die Hamburger Straße schließlich bleibt gymnasiale Oberstufe und richtet neben dem bisherigen Kursangebot einen „bilingualen Zweig“ mit der Unterrichtssprache „Englisch“ ab Klasse 7 ein.
Franke wörtlich über seinen Lösungsvorschlag: „Alle Kontrahenten zufriedenzustellen, übersteigt meine Kräfte. Mit diesem Kompromiß sollten aber alle leben können. Daß ich trotzdem gescholten werde, ist gewiß. Schließlich bekomme ich nur dann uneingeschränkten Beifall, wenn ich keinem Verzichte abverlange. Wie bei leeren Kassen und gleichzeitiger Halbierung der Schülerzahlen aber alles beim al
ten bleiben soll, können mir auch meine Kritiker nicht verraten. Also lebe ich mit den Protesten.“
Völlig überraschend kam die Veröffentlichung des Franke -Vorschlags zur Lösung der strittigen Schulstandortfragen gestern nicht nur für die betroffenen Schüler, Eltern, Lehrer und JournalistInnen, deren Anfragen bislang lediglich die stereotype Antwort provoziert hatten: „Anfrage zwecklos, Antworten gibt's frühestens Ende August.“ Aus der Zeitung wird auch ein Teil der Bildungsdeputierten der Bürgerschaft Frankes Kompromißmodell erfahren. Bei ihrer ersten Sitzung Sitzung nach der Sommerpause waren die Deputierten am Dienstag auf das Monatsende vertröstet worden. Auch nach der Senatssitzung am Dienstag hatte Franke die Frage, ob der senat sich „offiziell oder inoffiziell“
mit einem Konzept zur Schulstandortfrage befaßt habe, geantwortet: „Der Senat konnte sich mit einem solchen Konzept noch gar nicht befassen, weil es ein solches Konzept noch gar nicht gibt.“ Schließlich hatte Franke auch die SPD -Fraktion, die am letzten Montag hinter verschlossenen Rathaus-Türen tagte, noch nicht offiziell über seine Pläne informiert.
Seinen plötzlichen Sinneswandel zu den Veröffentlichungs -Plänen begründete Franke gestern einerseits damit, daß trotz strammen Dichthaltens in seiner Behörde - die Spekulationen über „gerettetet“ und „bedrohte“ Schulen weitergegangen seien. Andererseits müsse das neue Konzept bis zu seiner Umsetzung noch eine ganze Reihe von Gremienhürden nehmen: „Das kostet Zeit.“
Die kurzfristige Veröffentlichung seiner Pläne läßt darauf schließen, daß Franke ihnen zumindest in den Gremien der eigenen Partei gute Chancen gibt und in informellen Gesprächen vom SPD-Landesvorstand, vom Fraktionsvorstand und den SPD-Unterbezirks-Vorständen grünes Licht für das jetzige Modell signalisiert worden ist. Zumindest entspricht es weitgehend den Maßgaben, mit denen der Bildungsparteitag der SPD im Juni Franke in die Sommerferien geschickt hatte. Franke: „Ich mußte einen Kompromiß suchen, dessen Chancen ich nicht dadurch gefährden wollte, daß er vorzeitig in der Öffentlichkeit zerredet wird.“ Seine gestrige Bekanntgabe ist ein Zeichen dafür, daß ihm das jetzt gelungen ist.
K.S.
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