: Sanfte Geschmackszensur
■ Eigentümer der historischen Waldsiedlung „Onkel Toms Hütte“ werden mit Info-Blättern zur „Wiederherstellung der originalen Farbigkeit“ gemahnt
Allen Eigentümern in der bereits 1982 zum geschützten Baubereich erklärten Zehlendorfer Waldsiedlung „Onkel Toms Hütte“ werden in den nächsten Tagen von der Behörde Stadtentwicklungssenator Starnicks Informationsblätter mit Tips und Anregungen „zur Wiederherstellung der originalen Farbigkeit“ beim Neuanstrich von Fassaden, Haustüren und Fenstern zugeschickt.
Diese von den Architekten Salvisberg, Häring und Taut beim Bau der Siedlung in den Jahren 1926 bis 1932 festgelegte Farbigkeit umfaßt beispielsweise bei den Fassaden variierend von Haus zu Haus - zur Straßenseite hin eine auffallend Gelb-grün-Pallette, ein einheitliches Grün oder auch ein - allseitiges - kräftiges Blau. Schrille Töne, die den heutigen Hauseigentümern zuweilen nicht mehr gefielen. Der Denkmalschützer Klaus-Peter Kloß gestern bekümmert: „Obwohl seit 1982 bekannt war, daß nur noch in Originalfarben gestrichen werden darf, pinselten Eigentümer ihre Häuser in den falschen Farben und mußten umlackieren.“
Wie es hieß, ist inzwischen vielleicht noch ein Viertel der im Stil der neuen Sachlichkeit hochgezogenen Flachdachgebäude nicht im farblichen Original-Zustand.
Aus diesem Grund sah sich denn auch Starnicks Behörde veranlaßt, den Eigentümern ästhetische Hilfestellung zu geben. In den Info-Blättern sind die authentischen Farben aufgeführt und damit eigentlich alle Unklarheiten beseitigt.
Entscheidende Vorarbeit leisteten dabei die Denkmalschützer, die an den Häusern die Reste der ursprünglichen Anstriche aufspürten - teilweise durch Abklopfen später aufgebrachter Putzschichten.
Von der „Gehag“ schon vor fünf Jahren farblich auch innen aufgemotzt war das Einfamilienhaus des Ehepaares Röhrbein in der Straße Am Fischtal, das sie gestern als leuchtendes Beispiel der Erhaltung eines Baudenkmales vorführten. Alles wie vor 60 Jahren: das Wohnzimmer in Altrosa, der Eßraum knallgelb, der Flur im typischen „Taut-blau“, die Kinderzimmer im warmen Orange beziehungsweise Sonnengelb. Die Hausherren: „Uns gefällt's.“
thok
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen