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Libanon-Wahlen offen

Bei den Präsidentschaftswahlen konnten die einzelnen Fraktionen noch keine Einigung erzielen / Wahltermin am Donnerstag soll Verfassungsfrist wahren  ■  Aus Beirut Petra Groll

In Beirut stand am Sonntag noch kein offizieller Kandidat für die Nachfolge von Staatspräsident Amine Gemayel fest. Hussein Al-Husseini, Präsident des libanesischen Parlaments, forderte die 76 Abgeordneten der einzigen Parlamentskammer schriftlich auf, sich übermorgen in der Villa Mansour, dem provisorischen Parlamentssitz auf der „grünen“ Demarkationslinie zwischen Ost- und Westbeirut, einzufinden. Laut Verfassung soll der Nachfolger jeweils einen Monat vor Ende der Amtszeit des Staatspräsidenten feststehen. Der kommende neunte Präsident der unabhängigen Republik Libanon sollte entsprechend am 23.August bekannt sein. Der Oberbefehlshaber der libanesischen Armee, General Aoun, hat gestern alle Truppen in Alarmbereitschaft versetzt, um die Wahl „zu schützen“. Damit will er wohl vor allem die pro -israelische Miliz „Force Libanaise“ in Schach halten, die vor einer Woche ebenfalls ihre Kämpfer in Alarmbereitschaft versetzte.

Beobachter bezweifeln indes, daß bei diesem ersten Anlauf am Donnerstag das notwendige Quorum von zwei Dritteln der Parlamentarier zusammenkommt. Ein Streit, ob das Quorum nach den ursprünglich 99 Mitgliedern der Nationalversammlung, die 1972 gewählt worden waren, oder den überlebenden 76 Abgeordneten berechnet werden soll, ist offenbar beigelegt. Mit gleicher Stimmenzahl müßte laut Verfassung auch der siegende Präsidentschaftskandidat im ersten Wahlgang abschneiden. Im zweiten Wahlgang reicht dann die einfache Mehrheit aus.

Da offensichtlich zwischen den einzelnen libanesischen Fraktionen und ihren jeweiligen regionalen bzw. internationalen Rückenmächten bislang keinerlei Einigung auf einen der mehr als 50 bekannten Interessenten erreicht werden konnte, wird vermutet, daß Al-Husseini das Parlament einberufen hat, um einerseits den Entscheidungsprozeß zu beschleunigen, und andererseits wenigstens den verfassungsmäßig vorgeschriebenen Zeitraum einzuhalten.

Gerüchte hatten sich verdichtet, daß Altpräsident Suleiman Franghie, traditionell mit Syrien verbündet, und deshalb in den Augen der christlich-maronitischen Falange ein Kandidat der Konfrontion, sich noch einmal zur Wahl stellen wird. Die „Forces Libanaises“ (FL), Miliz der mit Israel verbündeten Falange-Partei (Kataeb), war umgehend in Alarmbereitschaft versetzt worden. Samir Geagea, Chef der FL, hatte seinen Urlaub in einem nordlibanesischen Kloster abgebrochen und war sofort nach Beirut gereist.

Die FL, die das Stadtgebiet von Ostbeirut kontrollieren, haben sich lauthals geweigert, ihre Stellungen zu räumen und die Sicherheit der Parlamentarier und der Villa Mansour während der Wahl der regulären Armee zu überlassen, wie Innenminister Rassy gefordert hatte. Order an die Armee kann freilich nur vom Staatspräsidenten und den zuständigen Ministern ergehen, die ihrerseits aber Präsident Gemayel seit mehr als zwei Jahren boykottieren. Generalstabschef Aoun hatte erklärt, die Armee sei „mit oder ohne Order“ bereit, die Sicherheit der Wahlen zu gewährleisten. Die FL hatten mit einer geharnischten Erklärung geantwortet und General Aoun die „Mentalität eines Drittwelt-Putschisten“ bescheinigt. Damit scheint zumindest unwahrscheinlich, daß Aoun, der lange als sehr aussichtsreicher Präsidentschaftskandidat galt, als Kompromißmann und „Präsident der nationalen Einheit“ aus den Wahlen hervorgeht.

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