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Skandal im Skandal

■ Die Spielbank als Synonym der Regierung

Einfache Skandale gibt es schon gar nicht mehr, nur noch die multiple Skandalitis. Albrecht, Hasselmann, Haaßengier – sie betreiben ihr politisches Endspiel nach Beckettschen Regieanweisungen: Die Skandalhalde wächst, die Zeugenaussagen, Dokumente, Fotokopien häufen sich und irgendwie scheint auch noch regiert zu werden. Längst schon haben die christdemokratischen Regierungsskandale ihre erhellende, volkspädagogische Kraft verloren. Beim Berliner Bauskandal wurde der „Sumpf“ wenigstens sichtbar; beim Flick –Skandal war das Verhältnis von Politik und Kapital Thema. Seit Barschel werden nicht mehr die politischen Verhältnisse der Regierenden thematisiert. Stattdessen beteiligt sich die Nation an dem sehr viel erregenderen Spiel, laut mitzuzählen, wenn der belastete Machthaber technisch k.o. ist. Es scheint, daß die Regierung Albrecht in diese Phase getreten ist.

Die Spielbank ist geradezu ein Synonym für eine Regierungsform: die rotierende Kugel verbindet Polizeiwillkür, Filz, Bestechung, Vorteilsnahme, Parteispenden, kriminelle Szene und gekaufte Mandate. Das Die-Politische-Verantwortung-Übernehmen ist gänzlich aus der Mode gekommen. Folgerichtig tendieren die parlamentarischen Kontrollen immer mehr zu juristischen Beweisverfahren. Die Regierenden warten wie Angeklagte im Strafverfahren ab, welche Beweise auf den Tisch kommen, bzw. was der Herr von Rath an Fotokopien aus Florida mitbringt.

Das ist das Skandalöse im Skandal: Bloßer Mangel an Glaubwürdigkeit, bloße Amtspflichtverletzung, bloße Protektion zweifelhafter Leute zählt gar nichts mehr. Ein Zustand, der zum guten Teil in die Verantwortung der Opposition fällt. Daß der SPD-Kandidat Schröder genüßlich abwartet, wie die Albrecht-Regierung sich selbst entlarvt, ist zwar geschickt. Aber mit dieser Haltung wird die SPD zum Parasiten christdemokratischer Zersetzungsprozesse, zum triumphierenden Teilhaber am Ruin politischer Sitten und zur letzten Stütze Albrechts.

Klaus Hartung

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