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Gemeinsame Sprachregelung für die CDU-FDP-Koalition

„Wir werden die Bücher unserer Partei durch unabhängige Wirtschaftsprüfer untersuchen lassen.“ Kurz und knapp umriß Niedersachsens FDP-Fraktionsvorsitzender Martin Hildebrand gestern das Ergebnis der Krisensitzung des Landesvorstandes. Dabei werde sich herausstellen, daß seine Partei nicht davon profitiert habe, daß Innenminister Röttger Groß (FDP) 1975 die Konzession für die Spielbanken Bad Bentheim und Bad Zwischenahn an die Gruppe um das FDP-Mitglied Kurt Jodexnis vergeben hatte. Nur rund 13.000 Mark an jährlichen Spenden sind - Hildebrand zufolge - von Bad Bentheimer Spielbank -Konzessionären in die Kassen der niedersächsischen Freidemokraten geflossen. Und das, obwohl nicht weniger als sechs der acht Casinogesellschafter der FDP angehören. Angesichts der Vermögensverhältnisse der Konzessionäre seien Parteispenden in dieser Höhe normal.

Noch vor eine Woche waren aus den Reihen der niedersächsischen FDP ganz andere Töne zu hören. Da wurden personelle Konsequenzen in Hasselmanns Innenministerium gefordert, von Seilschaften in der Polizeiabteilung, die beseitigt werden müßten, war die Rede. Und hinter vorgehaltener Hand war von FDPlern zu erfahren, daß man darüber nachdenke, ob demnächst der Rücktritt Hasselmans zu fordern sei.

Seit einem Vier-Augen-Gespräch zwischen Hildebrand und Ministerpräsident Ernst Albrecht am vergangenen Freitag sind die Reihen der Koaliton in Hannover vorerst wieder geschlossen. Hildebrand wußte schon vor diesem Treffen, daß die nächste 'Spiegel'-Veröffentlichung zur Spielbank-Affäre diesmal die FDP abfeiern würde. Nach dem Treffen schloß sich der FDP-Fraktionsvorsitzende der CDU-Sprachregelung an, wonach Ernst Albrecht 1990 sicher noch einmal als Spitzenkandidat antritt. Der Ministerpräsident selbst erklärte, er werde bis zur nächsten Wahl auf jede Kabinettsumbildung verzichten. Auch Hasselmann werde also bleiben. Bundesgesundheitsministerin Rita Süssmuth, die Umweltminister Werner Remmers als (nach Ernst Albrecht) geeignetste Spitzenkandidatin genannt hatte, ließ erklären, natürlich werde nicht sie selbst, sondern der jetzige Ministerpräsident bei der kommenden Landtagswahl antreten.

Die niedersächsische FDP ist nun dabei, wie vor ihr Innenminister Hasselmann, sich mit aller Anstrengung selbst in den Spielbankskandal hineinzureiten. Hasselmann hatte vor dem Ausschuß nicht zugeben wollen, daß er den Versuch der Spielbank-Beteiligung Anfang der siebziger Jahre befürwortet hatte - und sich damit schließlich nur unglaubwürdig gemacht. Die FDP stellt nun fest, daß Innenminister Groß „korrekt und nach bestem Wissen“ gehandelt habe, als er die Spielpfründe seinen Parteifreunden zuschanzte.

Dabei hatten die Freidemokraten in der vergangenen Woche die bisher sicher orginellste Idee entwichkelt, um Spielbankskandal und CDU-Personalprobleme gleichzeitig zu bereinigen. Sie schlugen für die Änderung des Spielbankgesetzes, die inzwischen alle Fraktionen des Landtages wollen, eine halbstaatliche Lösung vor.

Nicht mehr privaten Konzessionären, wie dem FDP-Klüngel in Bad Bentheim, sollen nach dieser FDP-Idee in Zukunft die Spielbankgewinne zufließen, sondern der Niedersachsen -Stiftung. Dieser Vorschlag, so sagte der Sprecher der Landesregierung vergangene Woche, wird auch von Ministerpräsident Albrecht „mit Symphatie aufgenommen“. Kein Wunder, denn Ernst Albrecht ist Präsident der Niedersachsen -Stiftung, und dieses Ehrenamt ist nicht an seine Stellung als Regierungschef gebunden, er wurde als Privatperson auf unbestimmte Zeit zum Chef der Stiftung gewählt. Die Stiftung hatte er gemeinsam mit ihm nahestehenden Unternehmergrößen ins Leben gerufen, um sich eine Aufgabe für die eigene Pensionszeit zu schaffen. Würde der FDP-Vorschlag Wirklichkeit, so hätte der künftige Ex-Ministerpräsident mit Hilfe von Stiftung und Spielbankmillionen die Möglichkeit, seinen heutigen Image-Verlust wieder wettzumachen. Spätestens nach der Eröffnung der vierten international bedeutenden Kunstausstellung wäre Ernst Albrecht der geachtete Landesvater a.D., der er eigentlich schon seit der letzten Wahl gern werden will.

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