: „RIZZ nicht fallen lassen“
■ Offener Brief der „Shakespeare Company“
Sehr geehrter Herr Dr. Klostermeier, vorausschicken möchte ich, daß mir ein großer Teil Ihrer Programm-und Finanzprobleme aus den Diskussionen der vergangenen Jahre verständlich ist. Ganz entschieden sind diese Fragen nicht einfach und zu jedermanns Zufriedenheit zu beantworten.
Dennoch möchten wir uns zu der geplanten Totalamputation von RIZZ zu Wort melden. In dieser Sendung, erscheint uns, ist oft ein sehr glücklicher Kompromiß gefunden worden zwischen einer breit angelegten Sendung für eine bestimmte, aber ja sehr wichtige Altersgruppe und einem sehr persönlichen, wiedererkennbaren Stück Radio - und zwar ganz unaufdringlich und uneingebildet. Die Tatsache, daß in RIZZ auch über Südafrika berichtet wird, macht es ja nicht gleich zu einer Minderheitensendung - es verteuert sie allerdings, durch Autorenhonorare. Aber die öffentlichen Gelder und der öffentliche Schutz, die einen Sender wie den Ihren möglich machen, sind ja ein sehr kostbarer Freiraum. Und eine Sendung wie RIZZ braucht diesen Schutz (jetzt offenbar auch vor der eigenen Programmkonferenz). Sie braucht ihn, damit sie mehr, nicht nur weitermachen kann. Fragen unserer Zeit müssen doch auch an Menschen herangetragen werden, die vielleicht tatsächlich mit einer akustischen Kulisse zufrieden wären.
Die Stärke des öffentlichen Radios liegt ja gerade darin, daß Sie zu einer Menge Themenbereiche ausgebildete Fachleute haben, die mehr können und wollen als nur flotte Anmoderation. Und ein Sender wie der Ihre bringt sich um sein Gesicht und seine Zukunft, also um Kopf und Kragen, wenn er auf lange Sicht auf seine Stärken verzichtet: Viele im Idealfall neugierige und engagierte Journalisten, die ja alle ermutigt und herausgefordert werden müßten, noch besser zu schreiben, noch besser zu recherchieren - eben dadurch, daß Sendungen gefordert werden von Format und mit Gesicht, daß jede einheitliche Soße geahndet wird, jede Langeweile, jede Routine. Das ist der Schutz, den der öffentliche Status gewähren kann/muß.
Nun ist Ihr Dilemma ja allerdings entstanden dadurch, daß die Werbeeinnahmen zurückgehen, die Einschaltquote, die heilige Kuh, auch. Aber ist es zulässig, daß über die Zuteilung von Werbeetats unsichtbare Zensur ausgeübt wird, daß über diese Schiene Programme verdrängt werden, die sich wohltuend unterscheiden von ununterbrochenem „Rockdidudelbirkelnudel“?
Wir bitten Sie, genau den entgegengesetzten Weg einzuschlagen und von sich und Ihren Mitarbeitern Mut und Farbigkeit und ein eigenes Gesicht zu verlangen. Damit würden Sie nicht nur dem Sender einen Dienst erweisen, sondern der immer einfältiger werdenden Medienwelt.
LASSEN SIE „RIZZ“ NICHT FALLEN! Es grüßt Sie im Namen der Bremer Shakespeare Company
Hille Darjes
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