2.765 Tage Reagan: Mein glorioser Weg

Reagan resümiert vor dem republikanischen Parteitag seine achtjährige Regierungszeit / Reagan: Wählt Bush  ■  Aus New Orleans Stefan Schaaf

Als ob sie nicht glauben wollten, was sich vor ihren Augen abspielt, hatten einige Reporter auf der Pressetribüne ihre Fernseher mitgebracht. Auf den winzigen Bildschirmchen verdoppelte sich, was unten in der Halle vor sich ging: mehr als 2.000 republikanische Delegierte jubelten einem Fernsehstar zu, der den Auftritt zweier ehemaliger Filmstars einleitete.

Die Filmstars waren Nancy und Ronald Reagan, der Fernsehstar Tom Selleck, der Privatdetektiv aus der TV-Serie „Magnum“. Willkommen im Land der republikanischen Illusionen mit seinem intimen Verhältnis von Showgeschäft zur Politik, jenem mythischen Paradies für eine weiße Mittel- und Oberschicht, in dem das ganze Jahr lang die Frühlingssonne scheint, einem Land voller Patrioten und Helden. Ein Land der Hoffnung und „der Freiheit, den Pfadfindern beizutreten, falls man will, oder unter 200 Sorten Eiskrem auszuwählen“, so wenigstens zitierte Reagan ein Kind, das ihm geschrieben habe, was ihm an Amerika gefalle. Das einzige, was diese heile Welt bedroht, sind liberale Demokraten im Innern und Kommunisten von außen. Doch mit Hilfe der Wähler und Wählerinnen läßt sich im November die erste Gefahr zum dritten Mal hintereinander abwehren, die zweite befindet sich ohnehin, nach acht Jahren Reaganscher Standhaftigkeit, auf dem Rückzug.

Das zumindest ist die Botschaft von Reagans Rede am Montag abend, in der er die Errungenschaften seiner 2.765tägigen Präsidentschaft in den glühendsten Farben schilderte „unser Triumph ist noch nicht komplett, doch der Weg bisher war glorios“ -, während er die Demokratische Partei nicht mit ihrem Kandidaten Dukakis, sondern vor allem mit der ökonomischen Misere am Ende der Präsidentschaft Jimmy Carters identifiziert.

Die Demokraten, so Reagan, das bedeutete höhere Steuern, steigende Preise und Schlangen vor Tankstellen und Arbeitsämtern. Dann, im Januar 1981, seien die Republikaner gekommen und „haben die Ärmel aufgekrempelt und sind an die Arbeit gegangen. Wir waren überzeugt, daß eine Gesellschaft nicht durch die Versprechen ihrer Regierung großartig wird, sondern wegen der Fortschritte, die das Volk erringt.“ Steuern seien gedrosselt, Jobs geschaffen und die Inflationsrate gesenkt worden, Grenada sei befreit und dem libyschen Terrorismus ein Schlag versetzt worden, sagte Reagan unter heftigem Applaus aus der Halle. Ja, da gebe es das Haushaltsdefizit - „aber der Präsident kann keinen einzigen Groschen ausgeben, sondern nur der Kongreß“. Die „Liberalen“ im Kongreß seien es gewesen, die sich einer Kürzung der Staatsausgaben Jahr für Jahr widersetzt hätten. Deswegen sei es an der Zeit, republikanische Mehrheiten auch in den beiden Häusern des Kongresses herbeizuführen. Doch vor allem, wenn es nicht gelinge, George Bush im November zum Wahlsieger zu machen, werden „all die Arbeit, die Opfer und Anstrengung des amerikanischen Volkes in genauso einem Desaster enden, wie wir es 1981 geerbt haben“.

George Bush habe die Erfahrung, um Präsident zu sein, er brauche kein Job-Training am Arbeitsplatz. Er spüre nahende Gefahren und behalte die Nerven, wenn er unter Beschuß komme - „so wie während des Zweiten Weltkriegs, als er in Asien von japanischer Flak abgeschossen wurde“.

Ein denkwürdiger Auftritt war dies in den Augen der meisten Delegierten, ein denkwürdiger Abtritt des in seiner eigenen Partei immer noch immens populären Mannes, der versuchte, sein Charisma auf seinen Stellvertreter zu übertragen versuchte.