Roma-Kultur in höchster Gefahr

■ Dorfzerstörungsprogramm von Ceausescu läßt Kindersterblichkeit der zweitgrößten Minderheit Rumäniens drastisch ansteigen / Reisende Händler von Zwangsarbeit bedroht

In einer Erklärung weist die Göttinger Gesellschaft für bedrohte Völker auf das Schicksal von über einer Million Roma in Rumänien hin. Angesichts des drohenden Ethnocids durch Ceausescus Dorfzerstörungsprogramms ruft die Gesellschaft zum Boykott landwirtschaftlicher Produkte aus Rumänien auf.

Mit großer Sorge verfolgt die Gesellschaft für bedrohte Völker die zunehmende Verelendung der zweitgrößten nationalen Minderheit Rumäniens. Die mindestens eine Million Angehörige zählende Volksgruppe der Roma lebt etwa zur Hälfte in städtischen Elendsquartieren Südrumäniens, zur anderen Hälfte in nichtkollektivierten Gebirgsgegenden Siebenbürgens. Die im ländlichen Raum lebenden Roma bestreiten den Lebesunterhalt bisher mit Korbflechten, Holzfällerarbeiten und Ackerbau auf Kleinparzellen. Die Roma der städtischen Elendsviertel Südrumäniens wurden von der rumänischen Wirtschaftskrise am stärksten betroffen. Nach Informationen, die unsere Menschenrechtsorganisation in diesen Tagen aus Rumänien erreichten, befinden sich zehntausende Romafamilien in einem Zustand akuter Unterernährung. Die Kindersterblichkeit in den Romagettos soll drastisch zugenommen haben. Ceausescus Dorfzerstörungsprogramm, das am vergangenen Montag vom „Parlament“ verabschiedet wurde, sieht auch die Beseitigung sogenannter „wilder Ansiedlungen“ vor. Darunter fallen hunderte von Romadörfern in Westrumänien. Mit ihnen werden die letzten Reste traditioneller Lebensformen der Roma endgültig zerstört. Auch die Zwangsumsiedlung reisender Roma -Handwerker ist beabsichtigt. Sie müssen sich in von der Regierung errichteten agrar-industriellen Komplexen als Arbeiter eintragen lassen. Widerstand kann mit Zwangsarbeit bestraft werden. Die Gesellschaft für bedrohte Völker sieht neben den anderen beiden großen Volksgruppen der Ungarn und Deutschen Rumäniens auch die Dorfgemeinschaften der kleineren Minderheiten der Slowaken, Serben und Kroaten des Banats, Ukrainer, Bukowina, Bulgaren und Gagausen der Dobrudscha von der Zerstörung bedroht. Angesichts des drohenden Ethnocids (kultureller Völkermord) an den Ungarn, Roma, Siebenbürger Sachsen, Banater Schwaben und der kleineren Volksgruppen Rumäniens ruft die Gesellschaft für bedrohte Völker die Bürger der Bundesrepublik zu einem Boykott landwirtschaftlicher Produkte aus Rumänien auf. Wir appellieren an die Bundesbürger: Kauft keine rumänischen Tomaten, solange Millionen Bauern in Rumänien hungern!