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Polizei provozierte Geisel-Mord

Grobe Fehler der polizeilichen Einsatzstrategie führten zur Erschießung der 15jährigen Geisel an der Bremer Autobahntankstelle „Mitschuld“ der Polizei am Tod? / Bremer Polizeiführung konnte die kritischen Fragen der Journalisten nicht beantworten  ■ Aus Bremen Klaus Wolschner

Warum haben Bremer Zivilbeamte auf der Autobahn-Raststätte Grundbergsee die Komplizin der beiden Bankräuber festgenommen? Warum wurde die Frau nicht sofort freigelassen, als die Bankräuber ein Ultimatum von fünf Minuten stellten und einer der Geiseln eine Pistole unters Kinn drückten? Warum hat die Polizei es zugelassen, daß die Bankräuber von Gladbeck unter ihren Augen einen voll besetzten Linienbus mit 31 Geiseln kapern konnten?

Fragen die die Journalisten in Bremen gestern stellten und auf die Kripo-Chef Peter Möller keine Antwort geben konnte. Während der Kripo-Chef behauptet hatte, die in dieser Situation provozierend wirkende Festnahme der Komplizin sei spontan erfolgt, als die Frau plötzlich mit gezogener Waffe vor den Zivilbeamten gestanden habe, kann die taz mit Zitaten aus einem Polizei-Funk-Kanal belegen, daß die Festnahme geplant erfolgt ist (Siehe nebenstehender Kasten). Über Funk nämlich hatten die im Eingang der Toilette postierten Beamten gefragt: „Die eine Täterin ist jetzt auf WC mit Waffe, soll ich die abfischen?“ Die Antwort: „Ja“. Bislang konnte der Kripo-Chef noch nicht erklären, wer den Befehl zur Festnahme der Frau gegeben hat; Eigentlich habe nur er eine derart weitreichende Anordnung geben können, versicherte er. Der Bremer Innensenator sagte, daß die Festnahme der Strategie der Einsatzleitung widersprach.

Die nervös gewordenen Bankräuber hatten im Bus ca. 20 Minuten auf die Rückkehr ihrer Freundin gewartet und dann den 15jährigen Italiener Giorgi erschossen. Der Bremer Fotojournalist und zeitweilige Unterhändler Peter Meyer, der das Fünf-Minuten-Ultimatum der Polizei überbracht hatte und Augenzeuge der Ermordung des Jungen wurde, hat dazu erklärt, für ihn treffe die Polizei eine „Teilschuld“ am Tod des Jungen.

Auch auf die Frage, wie es zur Geiselnahme des vollbesetzten Busses kommen konnte, blieb gestern die Bremer Polizeiführung die Antwort schuldig. Denn tatsächlich ist nicht der reguläre Busfahrer der Linie als Geisel genommen worden und nach Holland gefahren.

Der, so erklärte die Pressestelle der Straßenbahn-AG auf Nachfrage habe sich „geweigert, den Weg lang zu fahren an den Geiselgangstern vorbei.“ Die Bankräuber hatten unter den Augen ziviler Polizeibeamte 15 Minuten lang von einem Gemüseladen aus mit der Polizei-Zentrale telefoniert, dann gaben sie vor der Tür einen Warnschuß ab. In dieser Situation war von dem Busfahrer verlangt worden, nahe an dem Gemüseladen vorbei zu fahren. Er konnte jedoch noch aus dem Bus aussteigen, die Bankräuber zwangen einen nahestehenden Verkehrsmeister, sich als Busfahrer zur Verfügung zu stellen.

Schon bei der Observation des Fluchtwgens in Bremen am Mittwoch nachmittag sind die Beamten fahrlässig plump vorgegangen. Nach eigenen Angaben hatten die Bankräuber gehofft und zeitweise auch geglaubt, die Polizei hätte sie aus den Augen verloren. Die Bankräuber waren knapp davor, die zwei Gladbecker Geiseln freizulassen.

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