piwik no script img

Nur Omnitalente setzen sich im Fünfkampf durch

■ Schwimmen, Reiten, Fechten, Schießen, Laufen / Internationale Meisterschaften in Berlin / Marsollek und Kreher fahren nach Seoul

Ob der Moderne Fünfkamp ein Kind der französischen Revolution oder des schwedischen Militärs ist, läßt sich nicht mit Bestimmtheit klären. Für die zweite Version spricht, daß fast alle Olympiasieger bis 1952 schwedische Offiziere waren. Ob Revolutionär oder Militär, die Aufgabe, eine Nachricht zu überbringen, war mit einigen Schwierigkeiten verbunden. Seines Pferdes beraubt, mußte sich der Urvater des Modernen Fünfkampfes seinen Weg mit Degen und Pistole bahnen und einen Fluß durchschwimmen, bevor er laufend das Ziel erreichte.

Sehr zivil hingegen ging es bei den Internationalen Berliner Meisterschaften im Modernen Fünfkampf zu. 43 AthletInnen aus sechs Nationen versuchten sich von Donnerstag bis Sonntag an den fünf Disziplinen. Am ersten Tag durchpflügten die Starter sechsmal die Fünfzigmeter-Bahn des Olympia-Schwimmstadions. Mit zugelosten Pferden wurden tags darauf vier Durchgänge beim Springreiten absolviert. Am Nachmittag kreuzten die Aktiven ihre Klingen im Degenfechten. Samstag hallten die ersten Pistolenschüsse (Kaliber 22) durch den Spandauer Schützenhof. Und zum Abschluß brachte der 4.000-Meter-Geländelauf am Sonntag die Entscheidung. Von Fans honoriert wurde dies jedoch kaum: Die wenigen Zuschauer rekrutierten sich vornehmlich aus Journalisten.

Neben Warendorf ist Berlin der zweite Olympiastützpunkt der FünfkämpferInnen. Der Berliner Verband setzt seine Prioritäten klar im Leistungsbereich. So sind für die 70 Aktiven sechs bis acht Stunden tägliches Training keine Seltenheit. Viele FünfkämpferInnen sind ehemalige Nur -Schwimmer oder Läufer, die bei der Suche nach einem abwechslungsreicheren Sport in dieser breitgefächerten Disziplin landeten. Die Kosten für die Ausrüstung sind jedoch immens. Der mit acht Pferden und anderem Equipment wie Pistolen und Degen gut bestückte Verband ist in der Lage, so den finanziellen Aufwand des einzelnen in Grenzen zu halten.

Baron de Coubertin, Begründer der Olympischen Spiele der Neuzeit, bezeichnete den Modernen Fünfkampf als den „schwierigsten und männlichsten“ Wettkampf im olympischen Programm. Schwierig ist er, die Einschätzung „männlich“ läßt sich heutzutage getrost streichen.

Die Frauen, die immer noch um ihre olympische Anerkennung kämpfen, haben die bundesdeutschen Männer an Erfolgen längst überrundet. Anteil daran hat auch die erst 15jährige Berlinerin Kim Raisner. Sie erreichte mit dem Damen-Team einen hervorragenden vierten Platz bei der diesjährigen Weltmeisterschaft.

Olympisch betätigen dürfen sich hingegen die Männer. Zwei Berliner fahren mit nach Seoul. Für den einen, Detlev Kreher, besteht die Vorbereitung zur Zeit aus Strand und Sonne. Sein Trainingsplan schreibt eine Erholungspause zur Regeneration vor. Der zweite Berliner Olympionike, der Architekturstudent Markus Marsollek, kämpfte hingegen um den Titel des Internationalen Berliner Meisters. Für ihn ging es um einen Platz unter den ersten Vier. Von diesem Wettkampf hing ab, ob er als Ersatzmann oder als Starter in Seoul antreten wird.

Und tatsächlich: Nach dem abschließenden 4.000-Meter-Lauf um den Teufelsberg konnte Marsollek mit guten 5.221 Punkten den Titel erringen. Ihm folgten Pavel Olschevski mit 5.201 und Helmut Milster mit 5.079 Punkten. Alle kommen übrigens aus ... Berlin.

Ralf Pollack

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen