: Rumänien-betr.: "Tabual rasa - Der Traum des Nicolae Ceausescu", taz vom 25.7.88, "Altes Peking", taz vom 5.8.88 und "Tod oder Knast oder Kinder", taz vom 15.8.88 / -betr.: "Grenzterror in Rumänien", taz vom 17.8.88
betr.: „Tabula rasa - Der Traum des Nicolae Ceausescu“, taz vom 25.7.88, „Altes Peking ade“, taz vom 5.8.88, und „Tod oder Knast oder Kinder“, taz vom 15.8.88
„Altes Peking ade“, so heiter-gelassen überschreibt die taz eine 15-Zeilen-Meldung über den Abriß von sechs historischen Stadtteilen Pekings. Diese geplante Barbarei spielt man also cool herunter, während in Bezug auf die rumänischen Dorfabriß-Projekte eine mittlerweile ans Hysterische grenzende Kampagne abläuft. Die betroffenen Dörfer werden zur quasi innenpolitischen Angelegenheit der BRD erklärt, teilweise ist sogar von „deutschen Dörfern“ die Rede offensichtlich empfindet man die Grenzen von 1937 als etwas eng...
Überhaupt scheint Rumänien bzw. Ceausescu gegenwärtig das Haßobjekt Nr. 1 des Westens zu sein. Weil er seine Landsleute, nicht zuletzt infolge der vom Westen kaltlächelnd eingestrichenen Kreditzinsen, enormen Entbehrungen aussetzt, ist Ceausescu schlicht „verrückt“. Ein Herr Botha dagegen, der die Kinder seines Landes seit Jahren einfach umbringt, wird zwar routinemäßig ermahnt, es nicht zu toll zu treiben, zählt aber nach wie vor als ernstzunehmender, wenn nicht gar vernünftiger Politiker. Und natürlich ist das weitgehende rumänische Abtreibungsverbot schreiendes Unrecht und wird in der taz von Hertha Müller eindringlich beschrieben, während das totale Abtreibungsverbot etwa Irlands offensichtlich als weniger kritisierenswert empfunden wird.
Damit hier keine Mißverständnisse aufkommen: Auch ich halte von Ceausescu sehr wenig. Dies allerdings vor allem auch deshalb, weil Ceausescu sich seit mehr als 20 Jahren dem Westen derart gefällig gezeigt hat, daß er in vieler Hinsicht eine Art freiwilliger Lakai des Westens gewesen ist: Je westhöriger seine Politik war, desto penetranter wurde sie als „von Moskau bis zu einem gewissen Grad unabhängig“ bezeichnet, so zum Beispiel die reaktionäre Pro -Israel-Politik, etc. Jetzt, bei all den Appeasement -Zugeständnissen Gorbatschows, hat der notorische Quertreiber des Warschauer Vertrages seine Schuldigkeit getan; jetzt braucht man ihn nur noch als Pappkameraden, als Variation zu den üblichen Haßobjekten Ghaddafi und Khomeini.
Daß sich jemand so sehr zum Narren des Imperialismus hat machen lassen, ist ein Verbrechen, das weit schwerer wiegt, als das der Zerstörung traditoneller Dörfer. Und hinsichtlich Dorfzerstörung sei die Frage gestattet, wieviele Dörfer eigentlich bei uns im Laufe der letzten 30 Jahre zerstört wurden: nicht durch Totalabriß und Einebnung, aber auf schleichende Weise genauso unerbittlich, wurde eine Gesichtslosigkeit geschaffen, die durch die emsig errichteten Fachwerkbiotope im Grunde nur noch brutaler wird.
Elisabeth Wagner, Ludwigshafen
betr.: „Grenzterror in Rumänien“, taz vom 17.8.88
Ihre Berichterstattung über Rumänien sollte sich vorsichtshalber nicht ausschließlich auf ungarische Quellen beziehen. Teilweise sind es extrem reaktionäre Kreise, die da hinter stehen, deren Ziele nicht sehr durchsichtig sind (milde ausgedrückt). Daß es in Rumänien sehr, sehr schwer ist zur Zeit, ist eine Tatsache. Aber ebenso ist es nicht zu übersehen, daß in Ungarn mit tatkräftiger Unterstützung der Regierung gewisse Ultra-Nationalisten ans Werk gehen, die offenbar eine Chance wittern, historisch sanktionierte Grenzen zu revidieren. Sogar die bürgerliche Presse sieht hier die Sache in manchen Punkten etwas differenzierter.
Ion Argeseanu, München
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