Kabul: Sozialismus ist gescheitert

■ Außenminister für Mehrparteien und Mischwirtschaft

Budapest (ap) - Der Versuch, in Afghanistan eine sozialistische Gesellschaft zu errichten, war nach den Worten des afghanischen Außenministers Abdul Wakil ein Fehler. Deshalb befürworte die Regierung von Staats- und Parteichef Nadschibullah ein Mehrparteiensystem und ein gemischtes Wirtschaftssystem, sagte Wakil am Freitag in Budapest. Dies entspräche auch dem Willen des Volkes. Wakil bekräftigte, die afghanische Regierung halte an ihrer Politik der nationalen Versöhnung fest und suche einen Dialog mit der Opposition zur Beendigung des Blutvergießens. „Wenn jedoch mit Raketen auf uns geschossen wird, schlagen wir hart zurück.“

An Pakistan richtete Wakil die Warnung, Kabul werde zusammen mit der Sowjetunion zurückschlagen, wenn die Regierung in Islamabad fortfahre, das Genfer Afghanistan -Abkommen zu verletzen. Er hoffe, daß die neue pakistanische Regierung die Vereinbarungen einhalten werde. „Wir dachten früher, daß in Afghanistan der Sozialismus errichtet werden könnte, doch war dies eine Theorie, die sich als falsch erwies“, sagte Wakil. Das Land habe ein feudales, traditionelles Stammessystem, und in einem so rückständigen Staat sei Sozialismus ein Luxus. So verfüge der Staat über weniger als 20 Prozent des Eigentums, und nur knapp ein Prozent des Bodens befände sich in öffentlichem Besitz. „Wie soll man unter solchen Umständen den Sozialismus aufbauen?“ fragte Wakil. Die Landreform sei ebenso gescheitert wie der Kampf gegen den Analphabetismus, und viele Reformen hätten die nationalen und Stammesgefühle verletzt. In dem Versuch, die Macht zu monopolisieren, habe man ignoriert, daß andere demokratische Kräfte ihre Mitarbeit verweigert hätten und die Bedeutung der Stammesoberhäupte unterschätzt.