Wendland-Aktionen: „Wir stellen uns quer“

Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg will „Castor„-Transporte blockieren / Lagerung hochradioaktiver Brennelemente in Gorleben soll verhindert werden / Physikalisch-Technische Bundesanstalt arbeitet mit Hochdruck an Transportgenehmigungen  ■  Von Wolfgang Gast

Berlin (taz) - Die AtomkraftgegnerInnen im Wendland bereiten sich auf einen aktionsreichen Herbst vor. Unter dem Motto: „Wir stellen uns quer“ wollen sie mit Blockaden die Anlieferung und Lagerung von hochradioaktiven abgebrannten Brennelementen im Zwischenlager Gorleben verhindern. Auf einer Vollversammlung Mitte August beschloß die Bürgerinitiative Umweltschutz in Lüchow-Dannenberg, den zu erwartenden Atommülltransporten nicht tatenlos zuzusehen. Dem Konzept nach werden ausschließlich Atomtransporte auf den Zufahrtswegen zum Zwischenlager blockiert, und zwar die mit den sogenannten „Castorbehältern“. In diesen bis zu 60 Tonnen schweren Edelstahlbehältern werden die ausgebrannten Brennelemente der AKWs transportiert. Der fließende Verkehr soll von den Aktionen nicht betroffen, sondern umgeleitet werden. Gleichzeitig will man die Verkehrsteilnehmer über das Ziel der Aktion informieren.

Für den Fall einer Konfrontation mit einem massiven Polizeiaufgebot berät die BI zur Zeit mögliche Verhaltensweisen. Ein direkter Schlagabtausch mit der Polizei soll vermieden werden. Anders als bei den Aktionstagen der letzten Jahre - damals wurde der Transport von schwachaktivem Atommüll behindert - sollen jetzt bei der Blockade auch diejenigen mitmachen können, die „das letzte Mal aus Angst mit der geballten Faust in der Tasche zu Hause geblieben sind“.

Ein genauer Termin für die „Castor„-Transporte ist nicht bekannt. In der Genehmigungsbehörde, der „Physikalisch -Technischen Bundesanstalt“ (PTB) werde aber zur Zeit „mit Hochdruck“ an den Genehmigungen gearbeitet, erklärte der grüne Landtagsabgeordnete Hannes Kempmann. Zuletzt waren die Anträge der „Deutschen Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen“ (DWK) am Oberverwaltungsgericht Lüneburg gescheitert. Die Richter hatten den von der PTB angeordneten Sofortvollzug der Transportgenehmigungen kassiert.

Vier Jahre später ist jetzt aufgrund einer geänderten Sachlage mit neuen Äntragen der DWK zu rechnen. Sollten diese positiv beschieden werden - und darauf stellen sich die MitarbeiterInnen der Bürgerinitiative ein -, müßten die Landkreise und Gemeinden entlang der geplanten Wegstrecke mindestens 48 Stunden vor dem Transport verständigt werden. Für Wolfgang Ehmke, einem langjährigen Vorstandsmitglied der Bürgerinitiative, ist damit klar: „Es wird keine Überraschung von der Gegenseite mehr geben.“ Die Anwälte werden sofort Einspruch bei den Gerichten einlegen, und parallel wird bei den BIs Alarm ausgelöst. Auswärtige AKW -GegnerInnen überwachen dann die Transportbewegungen bei den diversen AKWs. Frühzeitig wird damit bekannt, welches der Atomkraftwerke als erstes seine Brennelemente in Gorleben entsorgen will.

Die Lüchow-Dannenberger haben weiterhin beschlossen, nicht anonym zur Blockade aufzurufen. In einem Inserat in der örtlichen Zeitung wollen sie mit vollen Namen bekennen: „Wir stellen uns quer! Wir werden uns an der 300-Leute-Aktion beteiligen.“ 300 Leute: So viele werden mindestens gebraucht, damit die Aktion zustandekommen kann. Die BI rechnet aber mit einer weitaus größeren Beteiligung.