: Niemand da, mit dem man sprechen kann?
■ „Es sieht tatsächlich so aus, als hätten die Palästinenser aus dem Zusammenleben mit ihren Nachbarn im Westen mehr gelernt als umgekehrt. Sie stellen sich langsam auf jene Realitäten ein, die sie lange nicht anerkennen wollten. Derweil sich Israel, zur Rechtfertigung seiner Unbeweglichkeit, an Artefakte von vorgestern hält.“
Henryk M. Broder
Wie lehrreich kann doch ein Blick in alte Zeitungen sein. Am 14.Dezember 1987 meldete die 'Jerusalem Post‘, das israelische Kabinett habe auf seiner letzten Sitzung entschieden, die seit fünf Tagen anhaltenden Unruhen in den besetzten Gebieten könnten keinesfalls als Aufruhr bezeichnet werden. Das Kabinett schloß sich der Auffassung einiger hochrangiger Militärs an, die „nicht einmal den Ansatz einer Rebellion“ erkennen mochten. Dem israelischen Kabinett gelang es, sich selbst davon zu überzeugen, daß kein Anlaß zur Sorge bestehe und man die Lage unter Kontrolle habe...
Drei Monate zuvor, Anfang September 1987, überbrachte der kommunistische Knesset-Abgeordnete Charlie Biton nach einem Treffen mit Yassir Arafat in Genf eine mündliche Botschaft des PLO-Chefs an Ministerpräsident Shamir. Arafat, berichtete Biton, sei zu direkten Verhandlungen mit Israel unter drei Bedingungen bereit: gegenseitige Anerkennung, Einstellung der Feindseligkeiten, Stopp des Ausbaus der Siedlungen in den besetzten Gebieten zumindest für die Dauer der Verhandlungen. Ministerpräsident Shamir nannte das Angebot Arafats ohne zu zögern einen „Propaganda-Trick“, Außenminister Peres erklärte, er gebe nichts auf Arafat und setze dagegen auf König Hussein: „Er ist ein verantwortungsbewußter Politiker und wir können das Palästina-Problem in Gesprächen mit einer jordanisch -palästinensischen Delegation lösen...“
Aus dem Abstand von nicht einmal einem Jahr muten solche Einschätzungen wie Wettervorhersagen an. Entgegen den festen Versprechungen der Metereologen will der Regen nicht aufhören. Aber nicht die Prognosen sind falsch, das dumme Wetter zeigt sich unkooperativ. Der Aufruhr in den besetzten Gebieten, den es eigentlich gar nicht geben dürfte, dauert nun schon neun Monate. König Hussein, der verantwortungsbewußte Politiker, hat gekündigt, er stehe als Gesprächspartner nicht zur Verfügung - und die israelische Regierung behauptet nach wie vor, es habe sich eigentlich gar nichts geändert. Nichts vermag die Regierung der nationalen Einheit in Jerusalem dazu zu bewegen, ihre Positionen zu überdenken. Die einzige Konstante im Nahost -Konflikt, auf die man sich noch verlassen kann, ist die Haltung des israelischen Kabinetts zur Wirklichkeit. Sie gleicht der Einstellung eines autistischen Kindes zu seiner Umwelt.
Seit über 20 Jahren lautet ein Grundsatz der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern: Es ist niemand da, mit dem man reden kann. Zur Besatzung gebe es schon deswegen keine vernünftige Alternative, weil niemand da wäre, mit dem man über die Rückgabe der Gebiete verhandeln könne. König Hussein könne sich einen Alleingang nicht leisten, die PLO ist eine Terrororganisation, die sich die Vernichtung Israels vorgenommen hat und die Palästinenser in den besetzten Gebieten seien aus Mangel an eigenen Führerpersönlichkeiten nicht in der Lage, ihr Schicksal selbst zu bestimmen. „Eyn breyra“, heißt es in Israel, wir haben keine andere Wahl.
Und in der Tat: Es gab für diese Haltung in der Vergangenheit eine Reihe solider Gründe. Im August 1967, gleich nach dem Sechs-Tage-Krieg, als man in Israel noch auf einen Anruf aus Amman wartete und die besetzten Gebiete im Tausch gegen einen Friedensvertrag zurückgeben wollte, beschloß die arabische Gipfelkonferenz in Khartoum die berühmten drei Nein: keine Anerkennung Israels, keine Verhandlungen, kein Frieden. 1974 wurde auf dem Gipfel von Rabat der PLO die Zuständigkeit für die besetzten Gebiete übertragen. Damals stellte niemand innerhalb der PLO das Palästinensische Nationalabkommen („The Covenant“) in Frage, in dem klar und unmißverständlich die Vernichtung Israels gefordert und nur denjenigen Juden das Recht zugestanden wurde, in Palästina bleiben zu dürfen, die vor 1917 (dem Jahr der Balfour-Deklaration und Beginn der „zionistischen Invasion“) im Lande lebten. Alle anderen sollten dahin zurückkehren, woher sie gekommen waren.
1977 kam Ägyptens Präsident Sadat nach Israel. Was zuerst wie der Durchbruch in den Beziehungen zu den arabischen Nachbarn aussah, verstärkte nur die alten Ängste. Nach dem Abschluß des Camp-David-Abkommens wurde Ägypten aus der Arabischen Liga ausgeschlossen, Sadat bald darauf ermordet für viele Israelis ein weiterer Beweis dafür, daß niemand da war, mit dem man reden konnte, daß die Araber keinen Frieden mit Israel wollten. Der Abschluß des Vertrages mit Ägypten, die Rückgabe der Sinai-Halbinsel (mit Ausnahme der paar Quadratmeter von Taba) hatten auch nicht den geringsten Einfluß auf das schlechte Ansehen Israels in der Welt. „Es kommt nicht darauf an, was die anderen sagen, sondern darauf, was wir tun“, lautet eine Parole, der die meisten Israelis bedingungslos zustimmen, „lieber unbeliebt und lebendig als bemitleidet und tot“ eine andere.
Zur Entspannung der israelischen Psyche trugen auch jene Terroraktionen nichts bei, bei denen die PLO die Finger im Spiel hatte und zugleich so tat, als wüßte sie gar nicht, was Terror ist, wie z.B. die Entführung der „Achille Lauro“. Und wann immer ein palästinensischer Politiker öffentlich zu bedenken gab, ob es nicht an der Zeit wäre, über ein Anerkennung des „zionistischen Gebildes“ nachzudenken oder sich gar auf Gespräche und Treffen mit dem Erzfeind einließ, wurde seine Lebenserwartung drastisch verkürzt: Von König Abdallah von Transjordanien, dem Großvater von Hussein, der 1951 in Jerusalem ermordet wurde, über Said Hammami (1978 in London ermordet), Issam Sartawi (1983 in Portugal bei einem Kongreß der Sozialistischen Internationale ermordet), Fahd Kawasme (1984 in Amman ermordet) bis zum Bürgermeister von Nablus, Safer al Masri, der 1986 wegen „Kollaboration“ von einem „Volksgericht“ verurteilt und bald darauf „exekutiert“ wurde - nur um eine Handvoll Fälle zu nennen. Jedes dieser Ereignisse gab der „Eyn-breyra„-Philosophie neue Nahrung, alle zusammen hatten auf die seelische Verfassung Israels eine katastrophale Wirkung. Wer immer heute die israelische Unnachgiebigkeit und Immobolität beklagt, darf nicht vergessen, wie es zu dieser politischen Verkarstung gekommen ist.
Israel, das zu Beginn seiner staatlichen Existenz nie um einen guten Einfall verlegen war, ist seit einigen Jahren nicht mehr imstande, sich auf neue politische Realitäten einzustellen, Risiken zu kalkultieren, Chancen wahrzunehmen. Es ist unfähig, Initiativen zu ergreifen, Herausforderungen anzunehmen. Statt dessen klammert es sich an einen Status quo, dessen Gefahren allen bewußt sind. Lieber ein unguter Zustand, den man schon kennt, als eine Neuerung, die man erst ausprobieren müßte. „Eyn breyra“ - Israel wird zum Opfer seiner eigenen Philosophie.
Ende Juni wurde ein Schreiben bekannt, daß Bassam Abu Sherif, ein Ratgeber Arafats, verfaßt hatte. In dem Papier heißt es u.a.: „Die Palästinenser streben Frieden und Sicherheit für sich und die Israelis an, denn keine Seite kann ihre Zukunft auf den Ruinen der anderen bauen... Die PLO strebt nicht die Vernichtung Israels an, sondern die Erlösung des palästinensischen Volkes... Was uns angeht, so sind wir zum Frieden bereit - dafür stehen wir ein.“ Bassam Abu Sherif schlug direkte Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern vor und versicherte, die Palästinenser würden internationale Garantien für sich und Israel nicht nur akzeptieren, sondern darauf bestehen, denn: „Wir haben mehr von Israel mit seiner mächtigen Militärmaschinerie zu befürchten, als Israel von uns...“ - Vor zwei, drei Jahren wäre ein solches Dokument eine Sensation, sein Verfasser bald ein toter Mann gewesen. Aber das Schreiben, das an das US State Department adressiert war, machte auf die Israelis keinen großen Eindruck, es wurde zur Kenntnis genommen und in der Abteilung „Lug und Trug“ zu den Akten gelegt. Mitte Juli erklärte Außenminister Peres vor der Knesset, warum das Schreiben keinen Wert habe: Abu Sherif habe sich nicht vom Palästinensischen Nationalabkommen, das die Vernichtung Israels vorsehe, losgesagt, er habe Terror und Gewalt nicht verurteilt und den Friedensvertrag zwischen Israel und Ägypten nicht anerkannt. Sein Schreiben sei nichts weiter als der alte PLO-Schmäh mit neuer Lametta-Verkleidung, dazu bestimmt, den Amerikanern Sand in die Augen zu streuen. Israel werde sich von solchen Schein-Angeboten nicht täuschen lassen...
Sechs Wochen später, Mitte August, gab Abu Iyad, Arafats Stellvertreter, einer französischen Wochenzeitung ein Interview, in dem er die Bildung einer provisorischen palästinensischen Regierung ankündigte, „deren politisches Programm sich völlig von der jetzigen Nationalcharta unterscheiden würde“. Die Zeit sei reif für einen Dialog mit Israel, erklärte Arafats Stellvertreter und fügte hinzu: „Es ist absurd, zuerst haben sich die Araber geweigert, mit Israel über Frieden zu reden und nun ist es Israel, das nein sagt...“
Das Amt des Ministerpräsidenten in Jerusalem reagierte „mit Verachtung“ auf die Erklärung Abu Iyads und klassifizierte sie als „verbale Tricks„; „Abu Iyads Vorschläge bringen uns dem Frieden nicht näher“, sagte Yitzhak Shamir, „im Gegenteil, sie rücken den Frieden nur in weitere Ferne...“ Und Außenminister Peres meinte, Abu Iyads Statement sei nicht mehr als ein Kreuzworträsel, für dessen Lösung er keine Zeit habe.
Israel hat viele gute Gründe, PLO-Erklärungen mit Vorsicht, sogar mit Mißtrauen zu begegnen. Aber welche Art von Erklärung erwartet es von maßgeblichen PLO-Leuten vor Aufnahme aller Gespräche? Es muß ein Spielraum für Verhandlungen übrig bleiben. Würde Arafat morgen verkünden, er erkenne Israel an, schwöre Terror und Gewalt ab und sei bereit, mit Israel zu verhandeln, würde man in Jerusalem, nach einer Schrecksekunde, ein weiteres „Täuschungsmanöver“ erkennen und die mangelnde Ernsthaftigkeit des Angebots konstatieren. Es mag sein, daß die PLO blufft. Aber warum läßt es Israel nicht auf eine Probe ankommen? Nicht, weil es Angst vor einem Bluff hat, sondern weil es befürchtet, die PLO könnte es ernst meinen.
Ein großes Aufatmen ging durchs Land, als George Habash, der Führer der Volksfront für die Befreiung Palästinas, das Angebot von Abu Iyad verdammte, und Syrien sowohl Abu Sherif wie Abu Iyad als „Verräter“ verurteilte. Das war die PLO, das waren die Araber, wie man sie kannte und auf die man sich verlassen konnte. Aber daß die PLO mit mehreren Zungen spricht, daß der eine Flügel den anderen niedermacht, kann man ihr kaum zum Vorwurf machen. Für die israelische Regierung gilt dasselbe. Shimon Peres ist für eine internationale Konferenz, Yitzhak Shamir dagegen. Arik Sharon ist für die Annexion eines Großteils der besetzten Gebiete, die anderen Likud-Minister sind dagegen, Shamir mit der wahnwitizig logischen Begründung, man könne nicht etwas annektieren, das man schon besitze. Die Sozialdemokraten befürworten einen „territorialen Kompromiß“, der Likud will keinen Meter Boden aufgeben. Und wenn sich PLO-Führer gegenseitig Verrat und den Ausverkauf palästinensischer Interessen vorwerfen, dann unterscheiden sie sich auch in dieser Beziehung wenig von der Regierung der nationalen Einheit in Jerusalem. „Dir liegen arabische Interessen mehr am Herzen als israelische“, schrie Yitzhak Shamir seinen Außenminister Simon Peres während einer Kabinettssitzung Anfang August an. So gesehen hat Israel wenig Grund, sich über Widersprüche und Gegensätze in den Erklärungen der PLO -Funktionäre zu beklagen. Denn je eindeutiger die Aussagen, die es nicht hören will, umso hysterischer die Reaktionen, die es sich nicht versagen mag.
Mitte Juni wurde Mubarak Awad, ein Palästinenser mit US -Paß, in die USA abgeschoben. Awad war Gründer und Leiter eines „Zentrums für das Studium gewaltlosen Widerstandes“. In israelische Medien war er bekannter als unter den Palästinensern, aber etliche seiner Ideen zum zivilen Ungehorsam hatten Eingang in die Intifads gefunden. Israelische Reporter, die Awads Zwangsabreise vom Flufhafen Lod beobachten wollten, wurden von der Grenzpolizei mit vorgehaltener Waffe von ihren Aussichtsposten geholt, Kameras wurden beschlagnahmt. Eine kleine Protestdemonstration von Awads jüdischen Freunden vor dem Terminal wurde von der Polizei für illegal erklärt und aufgelöst, ein Plakat („Mubarak: Nächstes Jahr in Jerusalem“) beschlagnahmt. Aber die Souveränität der israelischen Sicherheitsorgane reicht genausoweit wie ihr Sachverstand, nämlich nur bis ans Ende der Start- und Landebahn des Tel Aviver Flughafens. In New York wurde Mubarak Awad schon von einem Dutzend TV-Teams erwartet. Bei jedem Interview, das er gab, bei jeder Talk-Show, zu der er eingeladen wurde, sprach er sich für die Gründung eines palästinensischen Staates und für das Existenzrecht Isreals aus.
„Ich akzeptiere und anerkenne Israel. Als Palästinenser bin ich bereit, zu den Arabern zu gehen und ihnen zu sagen: Wir erkennen Israel an.“ Die Amerikaner staunten, was denn mit diesem Israel los wäre, das einen solchen Mann rausschmeißt. „Wir haben uns selbst ins Knie geschossen“, gab ein israelischer Offizieller in New York zu - zu spät. Und weil man einen Fehler am einfachsten als Methode darstellt, indem man ihn wiederholt, wurde bald darauf ein anderer prominenter Palästinenser aus dem Verkehr gezogen: Faisal Husseini, Leiter der Arab Studies Society in Jerusalem. Ende Juli, zwei Monate nachdem er aus einer sechsmonatigen Administrativhaft entlassen worden war, wurde er wieder für sechs Monate in dieselbe genommen. Drei Tage bevor Husseini verhaftet und seine Arab Studies Society für ein Jahr geschlossen wurde (Fenster und Türen waren zugeschweißt), hatte er an einem Forum von „Peace Now“ teilgenommen. Für Faisal Husseinis israelische Freunde gab es keinen Zweifel, daß er nicht trotz, sondern wegen seiner Ansichten festgenommen wurde, er hatte sich für die Zwei-Staaten -Lösung ausgesprochen. „Sie haben gemerkt, daß es Palästinenser gibt, die bereit sind, mit uns zu sprechen, und damit Husseini nicht mit uns sprechen kann, sitzt er nun im Gefängnis“, sagte der Moderator des „Peace Now„-Forums, ein Professor der Hebräischen Universität.
In Husseinis Büro wurde der Entwurf einer palästinensischen Unabhängigkeitserklärung gefunden und das Dokument, mit Shamirs Segen, sofort in die Öffentlichkeit lanciert. Der Fund sollte belegen, wie gefährlich Faisal Husseini ist, macht er sich doch Gedanken über einen palästinensischen Staat. Was hatte man im Schreibtisch eines palästinensischen Aktivisten zu finden gehofft? Vielleicht einen Vorschlag zum weiteren Ausbau der Siedlungen in der Westbank? Oder einen Aufnahmeantrag für den Likud? Aber die gezielte Indiskretion war ein weiteres Selbsttor. Zum einen enthielt der Entwurf einer palästinensischen Unabhängigkeitserklärung die faktische Anerkennung Israels. Zum anderen löste die vorzeitige Publikation des Papiers eine Diskussion aus, deren Dynamik genau zu dem Ziel führen kann, das Israel verhindern möchte.
Aber das alles war Yitzhak Shamir nicht genug, er legte noch was nach. Husseini wolle Israel vernichten, seine Vorschläge seien Minimum-Forderungen, ein Trick, der zur Inbesitznahme des ganzen Landes führen solle... Kein Araber sei zu einem territorialen Kompromiß mit Israel bereit. Und selbst wenn welche dazu bereit wären, „würden wir einen solchen Kompromiß nicht annehmen, weil er unsere Existenz gefährden würde“. Shamir spricht oft und mit Hingabe von der Vernichtung, die Israel drohe. Seine Argumentation ist ein in sich geschlossenes Gebäude: Bieten die Araber Verhandlungen an, dann meinen sie nicht, was sie sagen. Und selbst, wenn sie es so meinen würden, würden wir darauf nicht eingehen. Also ist es egal, was die Araber sagen.
„Israelische Politiker akzeptieren keinen Beleg, der ihrer festen Überzeugung widersprechen könnte, eine Friedensregelung unter Einbeziehung eines palästinensischen Staates sei unmöglich“, schreibt der Politolge Mark A. Heller vom Zentrum für Strategische Studien an der Tel Aviver Universität, „die totale Ablehnung eines palästinensischen Staates gründet auf der Überzeugung, daß die palästinensische Ablehnung Israels absolut und unwiderruflich sei...“ Und was ist, wenn die Palästinenser inzwischen bereit sind, den Staat Israel zu akzeptieren? Es sieht in der Tat so aus, als hätten die Palästinenser aus dem Zusammenleben mit ihrem Nachbarn im Westen mehr gelernt als umgekehrt. Sie stellen sich langsam auf jene Realitäten ein, die sie lange nicht anerkennen wollten. Derweil sich Israel, zur Rechtfertigung seiner Unbeweglichkeit, an Artefakte von vorgestern hält. Es wird freilich nicht mehr lange reichen, auf das Palästinensische Nationalabkommen von 1964 zu verweisen, das die Vernichtung Israels fordert. Irgendwann mal wird ein Palästinenser darauf kommen, daß es in der Hymne der Herutpartei, der Yitzhak Shamir angehört und die zusammen mit den Liberalen den Likud bildet, u.a. heißt: „Zwei Ufer hat der Jordan. Das eine gehört uns - und das andere auch.“
Das Lied stammt aus dem Jahre 1929. Es wird noch heute auf Herut-Versammlungen und Parteitagen gesungen.
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