piwik no script img

Spielbank-Sumpf: CDU sackt ab

Rechtsanwalt der Interessenten-Gruppe Kalweit vor dem Untersuchungsausschuß in Hannover Innenminister Hasselmann und Staatssekretär Haaßengier erneut schwer belastet  ■  Aus Hannover Jürgen Voges

„Mit Hilfe der CDU das Spielbankgesetz und von der SPD die Konzession“ - so beschrieb gestern vor dem Spielbankausschuß in Hannover der Mannheimer Rechtsanwalt Paul Meixner die Bemühungen der Spielbankgruppe Kalweit, Anfang der 70er Jahre Kasinoinhaber in Niedersachsen zu werden. Der ehemalige Rechtsanwalt der Kalweit-Gruppe hat dabei gestern den Aussagen von Dieter Haaßengier und Wilfried Hasselmann zur CDU-Spielbankbeteiligung widersprochen und beide Politiker erneut schwer belastet.

Auch nach einem Dutzend von Nachfragen der CDU -Ausschußmitglieder blieb der Zeuge Meixner gestern bei seiner Darstellung eines Gespräches vom November 1970 im Hannoverschen Flughafenrestaurant zwischen dem damaligen CDU -Generalsekretär Dieter Haaßengier, dem CDU-Wahlkampfmanager Laszlo Maria von Rath, dem Spielbankgesellschafter Fritz Haarenberg und Meixner selbst. Der CDU-Generalsekretär und sein Wahlkampfmanager, so sagte der Zeuge, seien gegen 18 Uhr gemeinsam zu diesem eineinhalbstündigen Gespräch erschienen. Rath habe dann über seine geplante Beteiligung an der Kalweit-Gruppe gesprochen und dargelegt, daß er als Gegenleistung über seine Beziehungen zur CDU das Spielbankgesetz sicherstellen könne. Bei den Verhandlungen seien Haaßengier und von Rath als „psychologische Einheit“ aufgetreten, wobei der CDU-Generalsekretär sich im wesentlichen passiv verhalten habe. Ob Haaßengier selbst in diesem Gespräch die Forderung nach einer Beteiligung von Raths aufgestellt hatte, mußte Meixner zwar „offenlassen“, in keinem Falle habe aber der CDU-Generalsekretär den Ausführungen von Raths widersprochen. Haaßengier habe anschließend den Stand des Gesetzgebungsverfahrens dargestellt und auch „einen neuen Gesetzentwurf aus der Tasche gezogen“.

Der Rechtsanwalt konnte sich nicht erinnern, ob in diesem Gespräch auch direkt von einer Beteiligung der CDU über von Rath an der Spielbankgruppe die Rede war, wollte dies aber auch nicht auschließen. „Uns war es im Endeffekt egal, ob die CDU selbst beteiligt war“, sagte der Anwalt, „Hauptsache von Rath bewerkstelligte das Gesetz“. Den Handel CDU-Stimmen gegen Beteiligung habe man damals als „möglicherweise anrüchig, aber nicht strafbar“ angesehen. Sicher konnte der Zeuge sagen, daß in einem vorangegangenen Gespräch, das er mit von Rath allein geführt hatte, offen über eine CDU -Spielbankbeteiligung gesprochen wurde. In diesem Gespräch habe von Rath „fünf Wissende“ erwähnt, die in den Plan der CDU-Beteiligung eingeweiht gewesen seien. Zu diesen fünf hätten Ernst Albrecht, Hasselmann, Haaßengier gezählt und möglicherweise auch der Fraktionsvorsitzende Bruno Brandes.

Der Zeuge konnte gestern auch ein Schreiben aus dem Jahre 1977 vorlegen, das den CDU-Vorsitzenden Wilfried Hasselmann, möglicherweise der Falschaussage überführt. In dem an Meixner gerichteten Brief schildert Rudolf Kalweit ein Treffen mit Wilfried Hasselmann, in dem dem CDU-Vorsitzenden noch einmal die CDU-Spielbankbeteiligung über von Rath dargelegt worden war. Hasselmann hatte vor dem Ausschuß behauptet, erst Anfang 1988 von den Vorwürfen gegen die CDU erfahren zu haben. Auch Dieter Haaßengier, der noch gestern abend erneut gehört werden sollte, trifft nach der Meixner -Vernehmung der Vorwurf der unvollständigen und auch falschen Aussage. Haaßengier hatte in seiner ersten Aussage unter anderem behauptet, er könne sich nicht erklären, wie es zu der Beteiligung von Raths an der Kalweit-Gruppe gekommen sei.

Der Rechtsanwalt Meixner hat nach seinen Angaben vor dem Ausschuß auch an „drei, vier Gesprächen“ der Kalweit-Gruppe mit dem damaligen SPD-Innenminister Richard Lehners teilgenommen. „Wir sollten für die Mehrheit für das Gesetz bei der CDU sorgen und von Lehners die Konzession bekommen“, faßte der Zeuge den Inhalt der Gespräche zusammen, von denen auch zwei „extra ohne Alkohol“ geführt worden seien.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen