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Ein Führer darf kein Feigling sein

■ 9 Monate Haft für den früheren Neonazi-„Führer“ Privenau / Kraftmeierei oder politische Straftaten? / Weil ein Punk auf „Verpiß Dich“ nicht verschwand, zerschlug er ihm eine Bierflasche auf dem Kopf / Privenau: „Wenn ich in Ruhe gelassen werde...“

Er war gestern ganz allein auf der Anklagebank, kein Anhänger, kein Sympathisant mehr, der ihm wenigstens aus den Zuschauerreihen den Rücken gestärkt hätte. Jahrelang hatte er sich bemüht und viel dafür riskiert, „Führer“ der Neonazi -Szene in Bremen spielen zu dürfen: Markus Privenau. Gestern kam er brav gekleidet und mäßig kurz geschoren wie ein englischer Internatsschüler. „Man kann davon ausgehen“, erklärte er dem Gericht, „daß ich in Zukunft nicht noch etwas machen werde in der Richtung“. Er meinte politische Straftaten. Der selber als Neonazi aktive Verteidiger Rieger gab sich im Plädoyer einsichtig: „Ich bin der Meinung, daß er bestraft werden muß“, nur eben milder.

Bagatellen seien ihm vorgeworfen worden, so stellte es sich Privenau selber dar: „Daß solche Sachen vorkommen können, ist ja wohl klar. Das kann jedem passieren.“ Zum Beispiel folgendes: Am 22. April 1988 war er aus der früheren Skin -Stammkneipe „Klause 38“ verwiesen worden, wollte erst nicht gehen, hatte dann andere Gäste, die der 22jährigen Bedienung beistanden, provozierend aufgefordert, mit hinauszukommen und sich dort „Mann gegen Mann“ zu prügeln. Später auf der Wache hatte er einen Polizeibeamten angegangen, der ein „Mädchen“ aus seinem Kreis abführen wollte: „So kann man ein Mädchen einfach nicht behandeln“, dozierte er im Gerichtssaal über anständiges Männer-Verhalten, er wollte der Polizei

„klarmachen, daß es so nicht geht“. Der Faustschlag eines anderen Polizeibeamten beförderte ihn damals auf die Bank zurück.

„Herr Privenau muß sich daran gewöhnen, daß alles, was er Gesetzwidriges tut, verfolgt wird“, erklärte Staatsanwalt von Bock streng. Dieser Anklagepunkt wurde dennoch vorläufig eingestellt, weil zwei schwerwiegendere Vorwürfe angeklagt waren.

Privenau war im April 1988 von Punks, wie er sagt, vor seiner Wohnung zusammengeschlagen worden; einen Tag später hatte er, als er einen Arzt aufsuchte, vorsichtshalber ein Beil in den Hosenbund gesteckt. Als der Arzt sich weigerte, ihn zu behandeln, drohte ihm Privenau: „Ich schlage Dir den Schädel ein“ oder ähnlich.

Wichtigster Anklagepunkt: Im Dezember 1987 hatte Privenau am Domshof eine Bierflasche auf dem Kopf eines Punks zerschlagen; der hatte Glück und kam mit einer Beule und mehreren Schnittwunden im Gesicht glimpflich davon. „Putative Notwehr“ sei das gewesen, verteidigte sich Privenau, weil der Punk eine Handbewegung zur Jacke hin gemacht habe. Tatsächlich war eine Gruppe von Skins auf das an der Haltestelle wartende Punk-Pärchen zugegangen, Privenau hatte mit zwei verschlossenen Bierflaschen in den Händen drohend „Verpiß Dich“ befohlen, und, als der Punk ruhig stehen blieb, zugeschlagen.

Ein „normaler Bürger“ hätte, als der Punk eine Handbewegung

zu seiner Jacke machte, einfach weggehen können, räumte der Verteidiger Rieger ein. Aber um Privenau seien die „Kameraden“ gewesen, vor denen wäre das „natürlich Feigheit gewesen“ und: „Da ist dann eben der Gruppenzwang.“

Davon habe er sich inzwischen

gelöst, versicherte der rechtsradikale Anwalt Rieger, und Privenau meinte versöhnlich, er werde nun nicht mehr straffällig, „wenn ich in Ruhe gelassen werde, und das werde ich ja hoffentlich, wenn ich selber nichts mehr mache...“

Die persönlichen Umstände konnte der Richter aus früheren

Urteilen verlesen. Privenau habe sich „auf Kosten anderer vor seinen Freunden produziert“, und die körperliche Unversehrtheit Andersdenkender, die er bekämpft, auch dann noch gering geachtet, als er wegen fahrlässiger Tötung eines Jagdpächters verurteilt war.

Die Begründung für das Urteil, neun Monate Gefängnis, mochte sich Privenau gestern nicht bis zum Schluß anhören. Die Ladung zum Strafantritt für die fahrlässige Tötung (auch 9 Monate) überreichte ihm der Wachtmeister gestern vorab im Gerichtsaal.

K.W.

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