: Alle knutschen die Berliner SPD
■ (Wir nicht!) / Wahlkampf-Schmusereien: alle loben SPD-Energieprogramm / SPD für Wärme-Verbund, gegen Stromverbund und für Blockheizkraftwerke
Wahlkampf paradox: Lob von allen Seiten erhielt die SPD, als sie gestern ihr neues energiepolitisches Programm vorstellte. Nicht nur der für die Bewag verantwortliche Wirtschaftssenator Pieroth (CDU), sondern auch die FDP sowie die AL begrüßten die SPD-Forderungen. Tenor: alte Forderungen der AL (AL), die der Senat längst angepackt hat (FDP und Pieroth).
Möglich wurde die Lobhudelei, weil sich jeder das passende 'rauspickte. Pieroth und FDP freuten sich, weil nun auch die SPD einen Fernwärme-Verbund zwischen Ost-Berlin und Kreuzberg will. Hier konnte Pieroth-Sprecher Mickeleit gestern schon auf „Kontakte“ des Senats mit der DDR verweisen. Der Senat sei bereit, versicherte der Sprecher, der DDR bei der Entschwefelung von Kraftwerken „zu helfen“.
Fast alle anderen SPD-Forderungen wurden dagegen von den Lobhudlern bei FDP und Senat elegant ignoriert. Von ihnen unkommentiert lehnte die SPD nämlich gestern auch die geplanten Stromlieferungen der PreußenElektra an die Bewag (der sogenannte „Stromverbund“) ab. Sie behinderten nicht nur in Westdeutschland den Ausstieg aus der Atomkraft, sondern auch das Stromsparen in West-Berlin.
Als Alternative setzt die SPD neben dem Wärme-Verbund auf verstärkte Wärmedämmung, ein Verbot von Nachtstromspeicheröfen, lineare Stromtarife und vor allem auf die dezentrale Kraft-Wärme-Koppelung mittels Blockheizkraftwerken (BHKWs). Der Senat „verzichtet völlig auf eine eigenständige Energiepolitik“ und überlasse diese Bewag und Gasag, schimpfte SPD-Behrendt. Er erinnerte an die hohen Tarife für den Reststrom, die die Bewag weiterhin von den Betreibern von BHKWs verlangt. Dazu war von Pieroths Behörde gestern keine Stellungnahme zu erhalten. Klage führte dagegen gestern die katholische Kirchengemeinde St.Marien in Kreuzberg. Sie will im nächsten Jahr ein BHKW mit einer Leistung von zwölf Kilowatt bauen, um ihre Kirche und eine Suppenküche umweltfreundlich und billig mit Strom und Wärme zu versorgen. Für den Reststrom, den die Gemeinde noch braucht, will die Bewag jedoch 70 Pfennig pro Kilowattstunde verlangen, das doppelte des Durchschnittstarifs von 38 Pfennig, den die Gemeinde bisher bezahlt.
hmt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen