: Unternehmen zu verschenken
■ Andreas Moll gründete einen Adressenvermittlungsdienst / Kapital in zwei Bücherkoffern
Nach jahrelangem Tüfteln hat der Rudower Werner Moll sein erstes Unternehmen aufgebaut. Aber jetzt, wo der neuartige Dienstleistungsbetrieb gerade anläuft, trennt er sich wieder davon - er verschenkt ihn: „Ich bin nun mal nicht der Typ des Unternehmers.“
Der 38jährige Büroangestellte weiter: „Ich habe eben nicht die Härte, die ein Boß eben haben muß.“ Und er fügt hinzu: „Wenn einer das Unternehmen aber gut durchzieht, dann freut mich das. Und ich würde mich von ihm sogar anstellen lassen.“ Ob das jemals klappt, scheint allerdings fraglich, denn Moll will jetzt ein Unternehmen nach dem anderen schaffen - und jedes wieder verschenken. Die Konzepte für zwei weitere bisher noch nicht dagewesene Dienstleistungsbetriebe hat er schon.
Moll arbeitet in einer kleinen Stube, die mit Adreßbüchern und einem Computer vollgestopft ist. Sein Geschäft sei es, Kunden mit vermeintlich unerfüllbaren Wünschen auf die rechte Fährte zu setzen. Wenn er einem Kunden mit einem Kontaktmann weiterhelfen kann, berechnet er ihm 20 Mark.
„Da kam einer, der wollte eine Burg haben“, berichtet Moll. Er habe ihm einen entsprechenden Makler verschafft. „Ein anderer wollte eine 'Dakota‘ kaufen.“ Für das zweimotorige Transportflugzeug aus der Zeit der Luftbrücke habe sich schließlich in England eine Quelle gefunden.
Moll vermittelt Makler oder Händler im In- und Ausland. Er hat Adreßbücher, die nach seinen Worten keiner sonst hat. Genau das sei sein Kapital. „Drei Jahre habe ich gesammelt, und ich weiß ziemlich genau, wo ich was suchen muß“, berichtet der frühere Heizungsinstallateur. Auf einem Bücherstapel lag eine Lieferantenliste aus Südkorea. Er habe nun mal ein Faible für Büroarbeit.
Drei bis zehn Anfragen könne er in einer Stunde schaffen. Das sei nichts gemessen an der Flut von Anfragen. Er könne Leute einstellen. „Aber dann würde eben ein Unternehmen daraus“, sagt er wieder, als ob er sich entschuldigen müsse. Mehr als 4.000 Mark habe er für seine Bücher ausgegeben. Die genaue Summe wisse er nicht. Der Grundstock seines Unternehmens passe in zwei Koffer.
Wie so oft im Leben hat auch Molls Unternehmensidee angefangen mit mächtigem Ärger. Einmal wollte er nur einen Schaltplan für seinen Kassettenrecorder haben. „Aber nirgends auf den Geräten ist die Adresse der Herstellerfirma zu finden“, sagt er. Als schließlich der weiße Kater „Kitty“, der ein braunes und ein blaues Auge hat, einmal das Katzenfutter verschmähte, wollte er dem Futterhersteller einen geharnischten Brief schreiben: „Aber finden Sie mal eine Adresse auf einer Konservenbüchse.“ Da habe er sich einfach mal eine Reihe von Adressen angeschafft.
Am Dienstag berichtete Moll über sein Unternehmen und seine Geschenkidee im SFB. 19 Leute hätten gleich am ersten Tag angerufen. „Ich habe jetzt einen Fragebogen gemacht und suche mir danach einen aus.“ Genau genommen will Moll sein Unternehmen nicht wirklich verschenken. Er behält sich vor, kostenlose Anfragen an „seine“ Firma richten zu können. Und da könnte sich über die Jahre eine Summe zusammenläppern.
Frieder Reimold
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