: Kölner Klüngel gegen skandinavischen Stil
■ Qualifikationsspiel der Gruppe 4 zur Fußball-Weltmeisterschaft: Finnland - BR Deutschland 0:4
Berlin (taz) - Teamchef Franz Beckenbauer fürchtete in Helsinki vor allem eines: den „skandinavischen Stil“ der Finnen, mit dem die Kicker aus dem Land der tausend Seen „manchem Favoriten“ das Leben schwermachen würden. Und ein Stolpern gegen den vermeintlich Schwächsten könnte in der Gruppe 4, in der von vier Teams (BRD, Wales, Niederlande, Finnland) nur eines mit Sicherheit zur WM darf, Schreckliches bedeuten.
Trotz allen Respektes hatte Beckenbauer einiges riskiert . In seiner vorzugsweise vom 1. FC Köln (Illgner, Kohler, Görtz, Littbarski, Häßler) und Inter Mailand (Brehme, Matthäus) entlehnten Mannschaft befanden sich mit Holger Fach und Thomas Häßler zwei Debütanten; ein dritter, der Stürmer Karl-Heinz Riedle, kam in der 76. Minute für den leicht enttäuschenden Dieter Eckstein dazu. Vor allem Thomas Häßler, vom taz-Wirtschaftsredakteur schon vor drei Jahren für die Nationalmannschaft gefordert, erwies sich als Bereicherung des bundesdeutschen Angriffsspiels. Der 1,66 m große Mittelfeldwusel aus Köln, der gemäß Beckenbauers Maxime, daß kein Spielgestalter größer sein dürfe als Diego Maradona, den Neu-Münchner Olaf Thon verdrängen durfte, trumpfte so souverän und mutig auf, daß selbst der sonst so geizig mit Lob umgehende Teamchef ins Schwärmen geriet: „Es macht Spaß, ihn spielen zu sehen.“
Abgesehen von Stürmerschreck Kohler, der seinen van Basten -Schock noch nicht ganz überwunden hat, und Guido Buchwald, der auf dem glatten Rasen Mühe hatte, sich auf den Beinen zu halten und sich bald bei einem seiner Fouls selbst außer Gefecht setzte, wußten aber auch die alten Kämpen zu überzeugen. Matthäus, trotz Auslandswohnsitzes nun doch Kapitän, spielte recht gut, Littbarski strotzte vor fruchtlosem Dribbeleifer und überstand die Partie ganz ohne Magenverstimmung, Rudi Völler schließlich verifizierte die Worte seines Trainers Liedholm vom AS Rom: „Er hat zur Zeit Glück. Jeder Ball, den er berührt, geht ins Tor.“
So war es denn auch in der 7. und 15. Minute, als Völler nach glänzender Vorarbeit von Matthäus resp. Görtz das Leder gekonnt - sauber quotiert: einmal mit dem Fuß, einmal mit dem Kopf - über die finnische Torlinie bugsierte.
Der skandinavische Stil der Finnen erwies sich danach als wenig geeignet, Entsetzen in den deutschen Reihen zu säen. Zwar hätten die allesamt bei renommierten europäischen Proficlubs wie SV Meppen oder Stuttgarter Kickers tätigen Suomi-Kicker gar zu gern bewiesen, daß Bodo Illgner doch nur zum Ersatztorwart taugt, waren dazu im Angriff aber viel zu harmlos.
Matthäus (52.) und Riedle (87.) sorgten für einen komfortablen Endstand, der optimistisch in die Zukunft blicken läßt. Zumindest bis zum 19. Oktober. Da heißt der Gegner in München Niederlande. Und die haben bekanntlich gleich drei Mailänder.
Matti
FINNLAND: Laukkanen - Europaeus - Haennikaeinen (Lipponen), Lahtinen, Petaejae - Myyry, Pekonen, Ukkonen(Alatensiö), Hjelm - Rantanan, Paatelainen.
BRD: Illgner - Fach - Buchwald (27. Rolff), Kohler - Brehme, Littbarski, Häßler, Matthäus), Görtz- Völler, Eckstein (76.Riedle).
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