: Libanon sucht Gemayel-Nachfolger
Maroniten wollen zweiten Anlauf / Amtszeit Gemayels am 23.9. zu Ende / Christliche Milizen: alle Kandidaten außer Franghie / Erster Präsidentschaftswahlgang war am 18.August gescheitert ■ Aus Beirut Petra Groll
Eine neue Initiative, Libanon aus der politischen Sackgasse zu führen, beschlossen am späten Mittwoch abend die 20 maronitischen Parlamentsabgeordneten. In einem gemeinsamen Statement konstatierten sie die absolute Notwendigkeit der Wahl eines Nachfolgers für Staatspräsident Amine Gemayel, dessen Amtszeit am 23.September abläuft. Der erste Wahlgang war am 18.August gescheitert, weil der Großteil der christlichen Abgeordneten die Sitzung boykottiert hatte.
Auch eine Pressekonferenz des Chefs der christlichen Miliz, Milizchefs Samir Geagea am Mittwoch abend signalisierte einen Prozeß des Aufbruchs aus der totalen Verweigerungshaltung, die Ostbeirut angesichts der Kandidatur des pro-syrischen Altpräsidenten Suleiman Franghie an den Tag gelegt hatte. Franghie solle einen mutigen Schritt tun und seine Kandidatur zurückziehen, verlangte Geagea. „Über alle anderen Kandidaten kann man reden“, erklärte er.
Im Lager des politischen Gegners wurde jedoch strikte Unnachgiebigkeit demonstriert. Sämtliche Parteien der moslemischen Opposition waren bei einer Massenveranstaltung von 20.000 Menschen zum 10.Jahrestag des Verschwindens des Gründers der Schiitenbewegung, Iman Moussa Sados, versammelt, die von der Schiitenbewegung „Amal“ organisiert wurde.
Nabih Berri, Stellvertreter Sados und engster Syrien -Verbündeter, verkündete das Ende der „ersten Republik“ des religiösen Proporzsystems und kündigte die „zweite Republik“ an. Diese solle auf „Demokratie, Libanons arabische Identität und Unabhängigkeit“ gebaut werden. Berri sprach sich gegen die Wahl eines „Kompromißkandidaten“ aus: „Wir wollen einen starken Präsidenten, der die Krise bewältigen und die Milizen auflösen kann. Wir sind gegen einen 'schwachen‘ Kandidaten, der die Pläne der USA ausführt, besonders die Einrichtung eines palästinensischen Kantons in Libanon.“
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