: Schamirs Schießbefehl unter Beschuß
Israelische Koalitionsparteien streiten um Killer-Lizenz für Siedler / Arbeiterpartei befürchtet „Wild-West„-Verhältnisse ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin
Zu einem Zankapfel der israelischen Regierungsparteien ist jetzt die Frage der Bekämpfung der „Intifada“ geworden. Wie die scharfe Auseinandersetzung zwischen Likud und Arbeiterpartei gestern zeigte, steht Regierungschef Schamir unter dem Druck der Siedler und radikaleren Parteikollegen des rechten Flügels, welche die Kampfmethoden in den besetzten Gebieten erheblich verschärfen wollen. Am Ende der Vorwoche hatte Schamir einer Siedler-Delegation versprochen, ihrer Forderung nach neuen „Schußbefehlen“ entgegenzukommen, die es der bewaffneten jüdischen Bevölkerung im Westufer und Gazastreifen gestattet, nicht nur Molotovcocktail-Werfer unter Beschuß zu nehmen, sondern auch mit Steinen werfende Kinder.
In der Regierungssitzung wies Minister Mosche Schchal (Arbeiterpartei) auf die Gesetzwidrigkeit der geplanten Änderung der „Schußbefehle“ hin, die Israel „in den Wilden Westen verwandeln würde“. Die Möglichkeit, mit „illegaler Lizenz zu killen“, könne leicht auf Israel selbst übergreifen. Der Minister wörtlich: „Die Israelis würden dann bei jedem Streit aufeinander schießen.“
Minister Joske Schapiro (Natinal-Religiöse Partei) meinte dagegen, die Siedler hätten sowieso jetzt schon die Erlaubnis, auf Palästinenser zu schießen, wenn sie sich in Gefahr wähnten und sich von Steinewerfern bedroht fühlten.
Während der Regierungskonflikt zu eskalieren drohte, (Minister Schchal: „Schamir soll endlich aufhören, das Militär aufs Korn zu nehmen“), inszenierten religiöse Siedler aus Einav am Westufer ein Happening, zu dem auch viele Kinder des Dorfes nach Jerusalem gebracht worden waren, um die Änderung der „Schußbefehle“ und „Sicherheitsgarantien für Juden in Judea und Samaria“ zu fordern. Trotz des Aufwands war Schamir einstweilen nicht in der Lage zu halten, was er den Siedlern zugesagt hatte - vor allem, weil das Militär sich nicht weiter unter wachsenden Siedler-Druck setzen lassen will. Die Beziehung zwischen Armee und Siedlern verschlechterte sich in der vergangenen Woche, als ein Vietnam-Veteran der USA aus Amerika ins Westufer übersiedelte, einen Molotovcocktail-Werfer verfolgte, aber irrtümlich zwei israelische Soldaten anschoß und schwer verletzte.
Minister, die sich an der gestrigen Regierungssitzung beteiligten, beschrieben sie als eine „wilde Wahlkampf -Versammlung“. Heute werden die Wahlkampagnen des Likud und der Arbeiterpartei eröffnet.
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