The funny side of Vietnam

■ „Good Morning, Vietnam“ von Barry Livinson spielt ab heute im City: ein rebellischer Diskjockey in einer gar nicht peinliche Komödie über den Vietnam-Krieg

Die Amerikaner und ihr Sinn für Humor: „Ach, daß wir das doch hätten! Es ist wohl so: sie kommen in ein lustiges Fegefeuer und wir in einen ernsten und durchaus sachlichen Himmel.“ So schrieb Kurt Tucholsky vor mehr als fünfzig Jahren, und jetzt haben die Amerikaner sogar eine Komödie über den Vietnamkrieg gemacht. „Good Morning Vietnam“ ist zudem der größte Erfolg dieses Frühjahrs an den amerikanischen Kinokassen. Einige deutsche Kritiker fragen auch gleich - ernst und durchaus sachlich -, ob man das überhaupt darf. Dabei ist „Good Morning, Vietnam“ weit entfernt vom gnadenlos anarchistischen Klamauk von Altmans „MASH“ oder den genialen Geschmacklosigkeiten, die etwa Mel Brooks zu diesem Thema eingefallen wären. Levinson hat sehr nachdenklich und behutsam inszeniert: da lacht man nie über den Krieg oder auf Kosten der Opfer, und die Vietnamesen werden geradezu respektvoll portraitiert.

Witzig ist der Discjockey Adrian Cronauer, der 1965 nach Vietnam abkommandiert wurde, um die Truppe bei Laune zu halten. Mit seiner ausgeflippten Radioshow ist er auch bald der Liebling der GIs. Da imitiert er den Präsidenten und die Vorgesetzten, schreit, johlt und singt laut die Songs mit, und die geschönten Kriegsnachrichten präsentiert er in einem so ironischen Unterton,

daß jeder weiß, was von ihnen zu halten ist. Außerdem spielt er als erster Rock'n'Roll über den Armeesender. Daß er alles durch den Kakao zieht, Negermusik spielt, und später auch von der Zensur gestrichene Nachrichten über Bombenattentate der Vietkong und Verluste der Truppe verliest, bringt seine Vorgesetzten immer mehr in Rage. Cronauer stört als zutiefst ziviler Geist den Propagandaapparat der US-Armee. In ein Interview mit Richard Nixon etwa schneidet er obzöne Zwischenfragen. Nach fünf Monaten wird er endgültig abgelöst und nach Hause geschickt.

Der Film ist nicht nur witzig, sondern er problematisiert auch das „Prinzip Komik“: einerseits kämpfen Soldaten mit guter Laune besser, andererseits werden durch gute Witze auch immer Autoritäten untergraben.

Den Discjockey Adrian Cronauer hat es in Vietnam wirklich gegeben, allerdings war er viel zahmer, als Robin Williams ihn spielt. Bei den Ansagen für seine Shows kommt man kaum aus dem Lachen heraus, und wenn er Vietnamesen in einem Englischkurs für Erwachsene unterrichtet, den er in eine Lektion für amerikanischen Slang umfunktioniert, zeigt sich, daß Williams zu den besten amerikanischen Komikern gehört. Der Eindruck bleibt selbst bei der unvermeidlichen deut

schen Fassung , in der wieder einmal das Unübersetzbare plattgedeutscht wurde.

Später ändert sich die Stimmung des Films, die Gags werden dünner gesäht, dafür wird versucht, die ernste Seite des Krieges zu zeigen. Cronauer schließt Freundschaft mit einem jungen Vietnamesen, der ihm bei einem Einsatz im Dschungel das Leben rettet, aber als Vietkong auf der anderen Seite kämpft. Levinson's Film ist zwar viel zu nett, um hier wirklich etwas zu wagen, aber er wird nie peinlich, und eine liberale Grundhaltung, die den Krieg nie rechtfertigt, ist durchgängig spürbar.

In einer Montagesequenz legt Levinson seine Karten offen auf den Tisch. Er zeigt, daß er als Filmemacher - wie der komische Discjockey - sein Publikum manipulieren kann, aber er macht es den Zuschauern zugleich bewußt: Cronauer spielt in seiner Sendung die schöne Schnulze „What A Wonderful World“ und zuerst sieht man dazu nur ein idyllisches, kitschiges Vietnam. Doch die Bilder ändern sich: explodierende Bomben, GIs, die Vietnamesen auf der Straße erschießen, Trümmer und Leichen, und immer noch die harmonische Musik. Zuletzt dann Cronauers Absage:„Ohhh yeah. That was Lois Armstrong, the Great Satchmo.“

Wilfried Hippen

„Good Morning Vietnam“, City 1