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Turbulente WAA-Sitzung in München

Oberpfälzer BI-Happening gegen Abbruch des WAA-Erörterungstermins / Zuschauertribüne im bayerischen Landtag geräumt / SPD und Grüne fordern Wiederaufnahme der Erörterung / CSU verteidigt Verfahren  ■  Aus München Luitgard Koch

Zu einem spektakulären Zwischenfall kam es gestern bei der Sondersitzung des bayerischen Landtags zum willkürlichen Abbruch des WAA-Erörterungstermins am 12. August dieses Jahres. „WAA-Nein“ war plötzlich auf der Zuschauertribüne des Landtags zu lesen und Flugblätter mit der Aufschrift „Nein, die Oberpfälzer sind nicht WAAnsinnig“ regneten auf die Abgeordneten herab.

Die aufgebrachten Oberpfälzer der Schwandorfer Bürgerinitiative unterbrachen mit ihrer Aktion den Redebeitrag des frischgebackenen Umweltsekretärs aus der Oberpfalz, Hans Spitzner (CSU), nachdem sie drei Stunden ruhig die Debatte verfolgt hatten. „Wir nehmen die Sorgen der Bürger vor Ort sehr ernst“, hatte Spitzner in seinem Redebeitrag immer wieder behauptet.

Unter den Rufen „Baustopp, Baustopp“ ließ der stellvertretende Landtagspräsident, Helmut Rothemund (SPD), die Tribüne räumen. Am Vormittag, als Umweltminister Dick die Debatte eröffnet hatte, wurde den Oberpfälzern und dem Schwandorfer Landrat Schuierer (SPD) der Zugang zur Tribüne verweigert. Begründung: Der Platz sei von einer Besuchergruppe der CSU besetzt. Die Tribüne war jedoch leer.

Auf Antrag der beiden Oppositionsparteien, SPD und Grüne, war dieses Sonderplenum erzwungen worden. SPD und Grüne forderten eine Wiederaufnahme des Erörterungsverfahrens, da ein Großteil der Themen nicht angesprochen worden war. So etwa der gesamte Bereich zur MOX-Brennelementefabrik und der Verglasungsanlage für hochradioaktive Abfälle. Der Abgeordnete der bayerischen Grünen, Prof. Armin Weiß, kritisierte nochmals die Verfilzung der Genehmigungsbehörde und wies darauf in, daß der ursprüngliche Versammlungsleiter beim Erörterungstermin, Ministerialrat Rudolf Mauker aus dem bayerischen Umweltministerium, gleichzeitig im kerntechnischen Ausschuß für Reaktorsicherheit sitzt. „Sie haben die Notbremse gezogen, weil die WAA-Gegner zu erfolgreich waren“, stellte der SPD-Abgeordnete Helmut Ritzer fest.

Der bayerische Umweltminister Alfred Dick hingegen behauptete, daß das Anhörungsverfahren „streng nach Recht und Gesetz“ durchgeführt worden sei. Außerdem unterstellte er SPD und Grünen mit der Einberufung der Sondersitzung gehe es den beiden Oppositionsparteien nicht um „sachliche Information“, sondern darum, „die Verzögerungstaktik des überwiegenden Teils der Einwender beim Erörterungstermin mit anderen Mittel fortsetzen“. Obwohl sich Dick in seiner Rede besonders über „die außerordentliche Aggressivität“ der Einwender und die „wüsten Beschimpfungen und Beleidigungen“ seiner Beamten vor Ort beklagte, war er selbst in seiner Wortwahl nicht zimperlich. „Da fehlt's an Hirnschmalz“, beschimpfte er die Zwischenrufe der Grünen. Mit der Stimmenmehrheit der CSU wurde der Antrag der Opposition auf Wiederaufnahme des Erörterungsverfahrens abgelehnt.

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