Laufen total in Bremen

■ Das 6. Bremen-Marathon als Sportfest mit vielen Gesichtern / Sieg des Läufers aus Tansania / Neuer Streckenrekord bei den Frauen / Willy Lemke gut bei Kondition

Bereits nach 200 Metern hatte sich der Favorit des diesjährigen Bremer Marathons an die Spitze gelaufen, und dort blieb er auch bis zum roten Zielteppich in der Stadthalle: Trotz leichter Erkältung gewann Agapius Masong aus Tansania in der guten Zeit von 2,17,18 Stunden. Nur gut eine

Minute dahinter die Polen Bogdan Sliwinski und Miroslaw Bugaj auf den Plätzen zwei und drei. Alle waren damit noch deutlich schneller als der letztjährige Sieger. Wider Erwarten günstig war gestern das Wetter für die fast 2.000 Teilnehmer des „Marathons durch Stadt und Land“ und die mehr als 600 Teilnehmer am Rolandlauf über 10 Kilometer durch den Bürgerpark. Der Himmel bedeckt, Temperaturen unter 15 Grad und ein leichter Westwind, der auf den endlosen Schlangenlinien der Blockland- Deiche für die nötige Rückenstärkung sorgte.

Jubel unter den Tausenden von Stadthallenbesuchern brauste auf, als zwischen den Männern in der Einlaufgasse die erste Frau zu sehen war: Die 23jährige Angelika Duncke aus Aachen erreichte in 2,39,48 Stunden freudestrahlend das Ziel.

Sie verbesserte damit den bisherigen Streckenrekord um mehr als sieben Minuten. Da störte es auch keinen, daß der sonst zuverlässige Zielcomputer ihr zuerst eine falsche Identität unterschieben wollte. Auch den beiden folgenden Läuferinnen aus Polen gelang es, unter der bisherigen Bestzeit aus dem Jahre 1984 zu bleiben. Doch dies war nur die Spitze

des Eisbergs, den das Organisationsteam dieses Jahr in Bewegung brachte: Bereits am Freitag begannen 22 Wissenschaftler aus den unterschiedlichsten Fachgebieten im Kongreßsaal zu referieren. Unter dem Thema „Belastung und Erholung beim Dauerlaufen“ blieb es nicht nur bei Expertendiskussionen vor ungefähr 80 Teilnehmern aus vier Nationen. Am Samstag standen Ärzte und Wissenschaftler Rede und Antwort für die Fragen und Nöte der Langlaufenden.

Dieses Angebot wurde als Teil der zweitägigen Messe „Sport -Freizeit-Gesundheit“ ebenso intensiv genutzt wie das gesamte Rahmenprogramm des diesjährigen Marathons. Von dröhnenden Spielmannszügen in allen Farben bis hin zu einer türkischen Bauchtänzerin auf der Aktionsfläche eines der Hauptsponsoren reichten die Eindrücke. Nicht zu vergessen das erstmals praktizierte Sportkost-Buffet der Veranstalter in der Eislaufhalle. Damit wurde die traditionelle, aber einfallslose „Nudel-Party“ endlich abgelöst.

Auch für Neu-Einsteiger gab es ein Angebot: Der „Mini -Marathon“ über 4,2 Kilometer in möglichst originellen Verkleidungen. Sieger der Strecke durch den Bürgerpark wurde eine

22-köpfige Borgfelder Raupe, die bei drückender Schwüle am Samstag nachmittag laufen mußte. Dazwischen gab es als mittleres Angebot den 10-Kilometer-Rolandlauf, der dieses Jahr als Beitrag Bremens zum gestern weltweit gestarteten „Lauf gegen die Zeit“ durchgeführt wurde. Mehr als 50 Millionen Menschen bewegten sich auf allen fünf Kontinenten zeitgleich im Laufschritt. Organisiert wurde dieses Laufspektakel von „Sport-Aid“ mit dem Ziel, aus den Teilnahmegebühren soziale Projekte vor allem in Afrika zu fördern.

Doch zurück zum „richtigen“ Marathon: Werders Manager Willy Lemke hielt seinen ersten Lauf über die klassische Distanz von 42,195 Kilometern durch. Lemke hatte sich mit Dr. Hans -Jürgen Schulke, einem der Hauptverantwortlichen des Bremer Marathons, und Peter Bullen, dem auch in diesem Jahr schnellsten Läufer Bremens die nötige Kondition antrainiert. Jubelnd hüpfte das Stehauf-Männchen des SV Werder nach drei Stunden und 51 Minuten die Ziellinie.

Und über eben diese Linie möchte ich beim Bremen-Marathon 1989 auch wieder sprinten.

Uwe Fietze