: Makulatur-betr.: Nachtrag zu Ramstein
Nachtrag zu Ramstein
Im Grunde bleiben die „Beileidsorgien, die auf die Ereignise in Ramstein von allen Seiten losgebrochen sind, bloße Makulatur. Ich verstehe die Politiker im besonderen nicht, was sie zu solchen Reaktionen treibt. Wenn das Spielen des Kriegshandwerks so gerechtfertigt wird, daß dies ja schließlich von Steuerzahlern finanziert sei und mihin zur Ware mit Qualitätsprädikat wird, so bleibt dazu nur zu sagen: daß dann ja wohl alle, die vor Ort Beteiligten wie auch das Fernsehvolk, voll auf ihre Rechnung kamen. Alle im Krieg erforderlichen Kräfte kamen zum Einsatz: Freund, Feind und diejenigen, welche die Opfer wieder zusammenflicken bzw. entsorgen.
Das war so ECHT, echter ging's doch nun wirklich nicht. Zu jedem Einsatz im Kriegsfall gehören auch Opfer und an denen hat es ja nicht gemangelt. Dies ist nicht mal zynisch gesagt, sondern allenfalls im Gang der Logik der öffentlichen Argumentation.
Also Fazit: Wir können zufrieden sein mit der Einsatzbereitschaft der Truppe, bis auf die nicht angepaßten Anschlüsse von deutschen Kanülen an amerikanische Infusionen war's gelungen. Eine reife Leistung für unser Geld und gegen den Feind!
Fridolin Birk, Tübingen
Der größte Fehler, der nach der Katastrophe von Ramstein gemacht werden kann, ist, die angebotene Beschränkung des Blicks auf die Problemfelder „Flugschau“ und bestenfalls noch „Tiefflüge“ zu akzeptieren. Unterdessen werden nämlich Giftgaslager „modernisiert“, arbeiten Atomkraftwerke, Genforschungsanlagen, Chemie- und Waffenfabriken - alles schlummernde Keimzellen des Todes - ungestört weiter, noch viel entsetzlicheren Katastrophen mit Knalleffekt entgegen. Tückischer, aber nicht weniger ungefährlich sind die gedankenlose Fortsetzung der Versiegelung freier Flächen, die ungebremste Förderung des umweltfeindlichen Individualverkehrs und der Wasser, Luft und Boden verseuchenden Wachstumsindustrie, die schleichend, aber unaufhaltsam einer weltweiten ökologischen Katastrophe entgegensteuern. Daran werden dann allerdings auch all diejenigen schuld sein, die nicht mit aller Kraft etwas gegen diesen umfassenden und allgegenwärtigen Wahnsinn tun, solange es noch nicht endgültig zu spät ist. Denn diesen Katastrophen kann man nicht entgehen, indem man einfach nicht hingeht. Diese Katastrophen werden auch zu denjenigen kommen, die glauben, durch privatistisch-individuelles unpolitisches Wohlverhalten ihre Schuldigkeit zu tun.
Zu retten ist diese Welt, wenn überhaupt noch, nur durch aktives, mutiges, radikales Auftreten all derjenigen, die das Leben und die Menschen wirklich lieben und die sich nicht durch angebliche Sachzwänge ins Bockshorn jagen lassen, sondern trotz alle Anfeindungen durch die Unbelehrbaren an ihren Utopien von einer ganz anderen Welt unbeirrbar festhalten. (...)
Gerhard Ahnen, Frankenthal
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