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Milchmänner-Rechnung

■ Zu den Räumungsplänen für die Hafenstraße

Es gibt im Senat konkrete Szenarien, die umkämpften Häuser in der Hamburger Hafenstraße noch in diesem Jahr zu räumen. Daran ändern auch die Dementis aus dem Senatsgehege nichts mehr, wonach eine Räumung eigentlich „rechtswidrig“ wäre. Schon längst hat die Betonfraktion der Parteirechten das Ruder in der Hand und ist zum Durchzocken bereit. Damit scheint nunmehr endgültig die Pietätsfrist für den Dohnanyi –Abgang abgelaufen zu sein. Denn der frischgebackene Bürgermeister Vorscherau hatte nie einen Hehl daraus gemacht, daß er am liebsten räumen wolle. Und auch Hamburgs rechter Bausenator „Rambo“ Wagner bekräftigte erst vor wenigen Wochen, daß er immer noch das Plattmachen favorisiert. „Um Mietrecht und Juristerei und diese ganzen Themen habe ich mich nie gekümmert“, erklärte er kurzerhand zur rechtlichen Lage.

Der entscheidende Faktor wird nunmehr sein, welchen politischen Preis der Senat für eine Eskalation am Hafen in seiner Kosten-Nutzen-Rechnung einkalkuliert. Die Rechnung der Betonköpfe scheint einfach: da die sozialdemokratische Standort- und Sanierungspolitik in Hamburg ohnehin gescheitert ist – siehe Musikpalast Flora und die Schickimickisierung der Stadtteile – könnte ein Scharmützel am Hafenrand unter der Rechten wieder einige Sympathien hervorrufen.

Daß diese Milchmänner-Rechnung nicht aufgeht, davor hat Dohnanyi nach seinem Abgang gewarnt. Und er hat recht. Die Hafenstraße steht bundesweit für den erfolgreichen Widerstand gegen die Plattsanierungspoltik. Die Häuser sind gerettet und zu einem Symbol geworden. Wenn jetzt die Betonfraktion im Senat das Rad umdrehen will, muß sie sich auch über die Folgen im klaren sein. Sämtliche Showpläne für den 800sten Hafengeburtstag im kommenden Jahr können dann getrost auf das Jahr 2004 verschoben werden, wenn an der Elbe die Olympiade stattfinden soll.

Kai von Appen

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