: Vom drögen Hauff zum metropolen Volker
■ Volker Hauff zum SPD-Oberbürgermeisterkandidaten in Frankfurt gekürt / Ein Bloch-Zitat für die linke Vergangenheit
Der Frankfurter Bezirksparteitag applaudierte dem neuen Oberbürgermeisterkandidaten am vergangenen Freitag abend stehend. Und manch einem Volker-Hauff-Berater platzte fast der Hemdenknopf vor Stolz darüber, daß es mit vereinter Mühe gelungen ist, in etwas über vier Jahren aus einem drögen, trockenen Kandidaten für das symbolträchtige Amt des Frankfurter Oberbürgermeisters einen fast weltmännischen Redner zu basteln. Die Chancen stehen gut für die SPD, seit anstelle von Walter Wallmann Wolfram Brück im Frankfurter Römer regiert, der sich zu einem „echten“ Oberbürgermeister verhält wie Zichorie zu Kaffeebohnen. Die Christdemokraten verärgerten durch Arroganz und überhebliches Mittelmaß oft genug auch die eigene Klientel.
So wetterte der bärentapsige Hauff tapfer und feurig gegen „Verbohrtheit, Intoleranz und Kleinkariertheit“. Das hören die FrankfurterInnen gerne. Statt dessen wolle er die „Freiheit des Andersdenkenden“, die „politische Pluralität in unserer Metropole“. Das hören die FrankfurterInnnen auch gerne. Und dann rief Hauff voller Emphase: „Ich bekenne mich zum politischen Kompromiß.“ Letzteres hören die FrankfurterInnen ganz besonders gerne. Das könnte auch von Walter Wallmann sein.
Richtig kämpferisch und humanistisch gebildet soll der Wahlkampf auch sein: „Ich bin“, sagte Hauff, „mit Ernst Bloch ins Gelingen verliebt und nicht ins Scheitern.“ Das mögen die SPDlerInnen im Frankfurter Bezirksverband, waren sie doch immer eine der rötesten Federn im linken Flügel der Sozialdemokratie. Daran mag Willy Brandt gedacht haben, der selber zum Gratulieren gekommen war, denn „was aus Frankfurt wird, hat sehr rasch bundespolitische Bedeutung“. Er wünsche sich, sagte er feinsinnig, daß die Frankfurter SPD „so lebendig bleibt, wie sie war, und so geschlossen, wie sie geworden ist“. Und er lobte sie für ihre „gedankenreichen Anstöße“, die neuerdings Gnade gefunden haben in der Bonner Baracke und Eingang fanden in die Rede von Hauff.
Das gesamtgellschaftlich-postmoderne Diskussionspapier war das Schnittmuster für die Rede des Kandidaten für eine verkehrsberuhigte Metropole vor deren Skyline die Kinder spielen. Der Parteitag wählte Hauff mit 164 Ja- , sieben Nein-Stimmen und wenigen Enthaltungen. Dann hämmerten der Kandidat und der Frankfurter Vorsitzende gemeinsam auf ein rotes Tastentelefon ein, um sich von Hans Jochen Vogel daselbst vor versammeltem Publikum gratulieren zu lassen.
Heide Platen
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