TWA-Pilot belastet Hamadi

Der Kapitän der entführten TWA-Maschine belastete Hamadi als Mörder des Marinetauchers Stethem, zweifelte jedoch anschließend die eigene Aussage an  ■  Aus Frankfurt Heide Platen

Für Aufregung sorgte gestern vormittag im Prozeß gegen den libanesischen Flugzeugentführer Muhamad Ali Hamadi die Aussage des Kapitäns der am 14.Juni 1985 in Athen entführten TWA-Maschine. Er erkenne in dem Angeklagten, sagte er vor der Frankfurter Jugendstrafkammer aus, den Mann wieder, der den Marinetaucher Robert Stethem erschossen hat.

Flugkapitän John Testrake hatte dem Gericht vorher wiederholt gesagt, er könne sich an das Aussehen der beiden Entführer nicht mehr erinnern. Er habe sie schon während der drei Tage dauernden Entführung der Boeing 727 nicht auseinanderhalten können, weil sie sich zu ähnlich und „austauschbar“ gewesen seien. Er habe die meiste Zeit mit dem Rücken zu ihnen im Cockpit gesessen. Er habe beide auch für gleich „gewalttätig“ gehalten. Er habe, auch nach späteren Gesprächen mit den Passagieren, den Eindruck gewonnen, daß einer von ihnen allerdings besonderen „Spaß“ daran gehabt habe, Passagiere und Mannschaft zu schlagen und zu quälen. Er selbst sei nicht verprügelt worden, wohl aber der Kopilot und der Bordingenieur.

Seine überraschende Aussage machte Testrake auf Hinweis der Nebenklage, die auch ihn als Fortsetzung auf Seite 2

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durch die Entführung Geschädigten vertritt. Er habe, sagte er, Hamadi erst wiedererkannt, nachdem er ihn gestern in einer kurzen Verhandlungspause von nahem gesehen habe: „I looked in the man's face!“ Das sei der Mann gewesen, der Robert Stethem aus dem Vorraum des Cockpits zur Flugzeugtür gezerrt habe. Kurz darauf habe er einen Schuß gehört.

Auf Befragen des Gerichts und der Staatsanwaltschaft revidierte Testrake diese eindeutige Aussage allerdings wenig später wieder. Er sei sich nicht mehr sicher. Alles sei lange her und er habe damals wegen einer befürchteten Notlandung auf dem Beiruter Flughafen unter großem Streß gestanden: „Ich warne Sie vor der Ungenauigkeit meiner Aussage.“ Wo der zweite Entführer zu dem Zeitpunkt gewesen sei, als geschossen wurde, konnte der Flugkapitän nicht sagen. Während der Zeit habe aber einer von ihnen immer wieder vom Mikrophon im Cockpit aus mit dem Flughafen Beirut verhandelt, der die Landebahn gesperrt hatte.

Den gesamten Verhandlungsvormittag über herrschte unterschwellige Aufregung auf den überdurchschnittlich gut besetzten Presseplätzen. Das Gerücht von der bevorstehenden Freilassung des Hoechst-Managers Rudolf Cordes hatte für Spannung gesorgt. Zuerst war es allerdings nur ein verirrter Hubschrauber, der die JournalistInnen von den Stühlen und vor die Tür des Hochsicherheits-Verhandlungssaals im Frankfurter Gefängnis lockte.