: Leise tröpfelt das PCB
■ Krebserregender Stoff in Leuchtstofflampen / AL-Stadträte fordern Beseitigung in öffentlichen Gebäuden / Senat: Keine akute Gefahr, Austausch nur, wenn PCB frei wird
Die „sofortige Auswechslung“ von PCB-haltigen Leuchtstofflampen in Kitas, Schulen und Krankenhäusern, aber auch in allen anderen öffentlichen Gebäuden, haben die Gesundheitsstadträte der AL gefordert.
Sie begründen dies mit Untersuchungen in Marburger und Bielefelder Schulen, bei denen der giftige und krebserregende Stoff, der unter anderem in Kondensatoren von Leuchtstofflampen als Isoliermittel vorkommt, in Staubteilchen der Luft gemessen wurde. Die Stadtverwaltungen dort hatten daraufhin den Austausch der Kondensatoren beschlossen.
Die gesundheitsschädlichen Wirkungen der Polychlorierten Biphenyle sind seit langem bekannt; in der Bundesrepublik ist der Stoff seit 1986 verboten. PCBs wurden vielfältig verwendet, unter anderem als Hydrauliköl im Bergbau, in Transformatoren, als Zusatz in Lacken, Klebstoffen, als Schmiermittel u.v.a. Bei der Herstellung von Kondensatoren wurde er bis 1983 eingesetzt. Das Zeug vergiftet weltweit das Ökosystem, bei Bränden können sich Dioxine bilden.
Die Berliner Gesundheitsverwaltung hat es trotz allem nicht so eilig. Das dort angesiedelte Landesamt für Arbeitsschutz und technische Sicherheit (Lafa) hat nur Anfang September ein Schreiben an die Bauverwaltung geschickt, in dem Empfehlungen für den Umgang mit den Kondensatoren in öffentlichen Gebäuden gegeben werden.
Demnach sollen nur defekte Kondensatoren ausgetauscht werden, die daran zu erkennen sind, daß das Lampengehäuse durch das giftige Öl bräunliche Flecke bekommt. An einen vorsorglichen Austausch aller, auch intakter Kondensatoren, so Gesundheitssenatssprecher Schültke, werde nicht gedacht. Eine akute Gesundheitsgefahr sei selbst durch ausgelaufenes PCB nicht gegeben („bedenken Sie, wie gering die Mengen sind“). Im übrigen entspreche die Berliner Regelung, die schon eine Vorsorgemaßnahme sei, denen anderer Bundesländer wie z.B. Niedersachsen.
Der zuständige Abteilungleiter für Fachtechnik beim Bausenator, Kind, will „lieber vorsichtshalber austauschen, besonders in Kitas, dort sehe ich die größte Gefahr“.
Seine Abteilung hat jedoch keinerlei Überblick, wieviele der problematischen Leuchtstofflampen es gibt. Ihm sei bislang kein Fall bekannt, daß PCB an einer Leuchtstofflampe, die an die 15 Jahre im Einsatz sind, ausgetreten sei.
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