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IWF-Jahresbericht meldet florierende Weltwirtschaft

■ Entwicklungsländer: stagnierendes Wachstum bei strammem Exportwachstum und insgesamt ausgeglichener Zahlungsbilanz

Berlin (taz) Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank können zu ihrer diesjährigen Jahrestagung Daten vorlegen, die eine wie seit langem nicht mehr florierende Weltwirtschaft signalisieren. Die Wirtschaft der Entwicklungsländer lahmt dagegen, wenn auch ihre Zahlungsbilanzen günstiger als im Vorjahr aussehen. Dies jedenfalls schreibt der IWF in seinem jetzt vorgelegten Jahresbericht 1988.

Die Wirtschaft wuchs im vergangenen Jahr weltweit real (also auch unter Berücksichtigung der Inflationsrate) um mehr als drei Prozent, und damit erheblich schneller als noch 1986. Zumindest nach Ansicht des IWF muß es bei der diesjährigen Jahrestagung keine wechselseitigen Vorwürfe der Industrieländer wegen zu lahmer Wirtschaftstätigkeit geben, wie sie den letzten Kongreß im September 1987 in Washington dominierten. Die damaligen Sündenböcke Japan und die BRD, denen Exportwut und mangelnde Importe vorgehalten wurden, konnten durch regere Auslandsnachfrage das Wachstum ihrer Außenhandelsüberschüsse stoppen und sogar um 0,7 Prozent zurückführen. Der gesunkene Dollarkurs scheint derweil inzwischen auch die Konkurrenzfähigkeit der US-Waren zu stärken. Die USA konnten 1987 ihre Exporte um 0,2 Prozent des Bruttosozialproduktes steigern.

Laut IWF haben eine Reihe von Entwicklungsländern ihre Exporte 1987 ausdehnen können, was den Anteil ihrer Zins und Tilgungsleistungen an ihren Ausfuhreinkünften verringerte. Die Zahlungsbilanzen der Entwicklungsländer insgesamt wären danach 1987 nahezu ausgeglichen. Noch 1986 schlug hier ein Defizit von 41Milliarden Dollar zu Buche.

Dabei kann der Exportboom nicht aus einer gesteigerten Wirtschaftstätigkeit in der Dritten Welt erwachsen sein. Ihr Wirtschaftswachstum 1987 war nach Angaben des IWF mit 3,4 Prozent geringer als im Vorjahr (4,2 Prozent). Beide Daten zusammengenommen signalisieren also, daß die Bevölkerungen in der Dritten Welt in der Tat ihre „Gürtel enger schnallen“ mußten. Darüber hinaus gab die Weltbank jetzt auch bekannt, daß nach ihrer Erkenntnis aus den verschuldeten Drittweltländern 1988 rund 25 Milliarden Dollar in Form von Schuldenrück- und Zinszahlungen in die Industriestaaten fließen werden („Nettokapitaltransfer“).

Hinter den Daten verstecken sich dabei große Unterschiede. Während die ostasiatischen Länder Export und Wachstum erheblich verbessern konnten, wuchs die Wirtschaft in den Ländern südlich der Sahara noch nichteinmal so schnell wie die Bevölkerung.

Der offizielle Schuldenstand der Dritten Welt betrug laut IWF-Bericht 1987 1.217 Milliarden Dollar, immerhin 39 Prozent des Sozialproduktes dieser Länder. Die Washingtoner Institutionen beklagen sich auch in diesem Jahr, daß die Privaten Banken zu wenig Neukredite an die Schuldnerländer vergaben, 1987 ganze acht Milliarden Dollar (siehe auch nebenstehenden Artikel), während offizielle Geber 34 Milliarden bereitgestellt hätten.

Stark angstiegen ist im Geschäftsjahr 1987/88 die in Anspruchnahme der IWF-Kredite „Sonderziehungsrechte“: Von 593 Millionen im Vorjahr auf 1,5 Milliarden. 25 Kredite im Rahmen der „Strukturanpassungsfazilität“ waren am 30.April 1988 vereinbart. (30.4.87: 10)

Ein Satz gab auf den ersten Blick bei der Vorstellung des IWF-Berichtes zu Hoffnung Anlaß: Eine „stabile internationale Umwelt“ sei „lebenswichtig“ für die ökonomischen Aussichten der Entwicklungsländer. Der nächste Satz klärte jedoch auf: Unter „Umwelt“ versteht der IWF Abkehr vom Protektionismus, Bereitschaft zu weiterer Kreditvergabe und dergleichen mehr.

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