Illegales Öl für Rassisten

Westliche Ölhandelskonzerne liefern Rohöl an Südafrika / Amsterdamer Shipping Research Bureau fordert verbindliches UNO-Öl-Embargo gegen Rassistenregime  ■  Von Nico Sönnichsen

Berlin (taz) - Trotz internationaler Öl-Embargo-Beschlüsse gegen Südafrika gelangt das schwarze Gold immer noch illegal und auf geheimen Routen in den Apartheidstaat. Das Amsterdamer Shipping Research Bureau (SRB) veröffentlichte gestern vor der Presse in London, Athen und Brüssel seinen „Fünften Report“ über die geheimen Rohöllieferungen internationaler Ölgesellschaften nach Südafrika.

In den Jahren 1985 und 1986 liefen nach Angaben des SRB insgesamt 194 Supertanker südafrikanische Häfen an; jedes mit einem Fassungsvermögen von über 50.000 Tonnen Rohöl. In 68 Fällen konnte das niederländische Institut Rohöllieferungen mit einer Gesamtmenge von 13,4 Millionen Tonnen nachweisen. Die Menge entspricht ca. der Hälfte der Rohölimporte, die Südafrika in den Jahren 1985 und 1986 absolut benötigte. Vor allem zwei Ölmultis haben daran nach Untersuchungen des SRB verdient: die schweizerische Gesellschaft Marc Rich und das in Hamburg ansässige Unternehmen Marimpex. Mehr als die Hälfte der südafrikanischen Rohölimporte sollen Marc Rich und Marimpex geliefert haben.

Vor allem mit Tankern norwegischer Schiffseigner wurde das Öl transportiert. Ihre Namen: Mosvold Shipping, Fearnly & Eger und Thor Dahl. Doch auch Tanker aus Liberien, Griechenland, Hongkong, Singapur, England und den USA steuerten das Land am Kap im Auftrag von Marc Rich und Marimpex an; in 95 Prozent aller Fälle unter strikter Geheimhaltung. Gearbeitet wurde mit falschen Papieren, gefälschten Dokumenten und der Angabe falscher Bestimmungsorte für die Rohölfrachten.

„Importöl ist die Achillesferse des südafrikanischen Rassistenregimes“, heißt es in einer Erklärung des oppositionellen ANC aus dem Jahre 1985. Weil Südafrika über keine eigenen nennenswerten Ölvorkommen verfügt, sind die Rohölimporte zugleich eine der verwundbarsten Stellen des Regimes, so das SRB. Ohne Öl wäre die Regierung Botha binnen kürzester Zeit aufgeschmissen.

Doch auch bei der Suche und Ausbeutung eigener Erdgasfelder zur Umwandlung von Gas in flüssigen Brennstoff greifen westeuropäische Konzerne dem Apartheidstaat kräftig unter die Arme, stellt das SRB fest. Bei der Ausbeutung riesiger Erdgasfelder im Indischen Ozean helfen die britischen Konzerne Crawford & Russell und Brown & Root ebenso wie die Frankfurter Lurgi GmbH, Hoechst, Linde, Preussag und die Kieler Howaldtswerke Deutsche Werft AG.

Seit 1973 haben fast alle ölproduzierenden Staaten ein freiwilliges Öl-Embargo gegen Südafrika verhängt. Während in Europa Dänemark und Norwegen ein gesetzliches Verbot von Rohöllieferungen nach Südafrika verhängt haben, werden Ölexporte aus der Bundesrepublik an das Kap-Land lediglich „beobachtet“. Aus einem Bericht einer Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen vom Januar 1988 geht hervor, die Bundesregierung besitze über Rohöllieferungen der Marimpex nach Südafrika keinerlei Kenntnisse.