: Kein Musical im Schanzenviertel
Breites Protestbündnis erfolgreich / Kulturinvestoren ziehen sich vom Hamburger „Flora„-Gelände zurück ■ Aus Hamburg Michael Berger
Das „Phantom“ wird nicht im „Flora“ Einzug halten. Der schwäbische Kultur-Geschäftsmann Fritz Kurz, bekanntgeworden durch seine Renditeobjekte Cats im Hamburger Operettenhaus und Starlight Express in Bochum, hat sich einer Koalition aus Szenenangehörigen und verärgerten Kleingewerbetreibenden gebeugt. Sein drittes Lloyd-Webber -Musical Phantom of the Opera wird keine Premiere im Hamburger Schanzenviertel erleben. Dort hatte sich Kurz das hundert Jahre alte ehemalige Variete-Theater „Flora“ ausgeguckt, in dem zuletzt ein Warenhaus untergebracht war. Mit dem Wohlwollen des Hamburger Senats im Rücken ließ der Musical-Mogul im Frühjahr dieses Jahres das Gebäude bis auf die historische Fassade abreißen und machte sich an die Realisierung des größten Hamburger Theaters. 2.000 Plätze sollte es fassen, die geldgebenden Banken und private Investoren freuten sich auf ein aus aller Welt herbeigekarrtes Publikum, das bereits ab Frühjahr nächsten Jahres die Kasse klingeln lassen sollte.
Die Investoren - unter ihnen die Deutsche Bank und die Hamburgische Landesbank - waren es jetzt auch, die Kurz zum Rückzieher veranlaßten. Sie fürchte Fortsetzung auf Seite 2
ten um den kommerziellen Erfolg der Unternehmung „Flora“. Denn seit Bekanntwerden der Pläne der Kurzschen Firma „Stella Theater Produktions GmbH“ war Unruhe im Viertel. Die kleine aber entschlossene „Flora-Gruppe“ organisierte den Widerstand gegen die „Musical-Abspielstätte“ auf der Straße und entwickelte Pläne für eine Nutzung des „Flora„-Gebäudes als Stadtteilzentrum; eine honorige Anwohnerinitiative errechnete die enorme Verkehrsbelastung und mobilisierte bürgerlichen Protest. Die Auseinandersetzung wurde vor allem dadurch interessant, daß die GegnerInnen das „Flora“ zum Symbol städtischer Sanierungs- und Vertreibungspolitik machten. Das Szene- und Ausländerquartier Schanzenviertel mit seiner lebendigen Sozialstruktur solle für die „Schickimickis“ attraktiv und teuer gemacht werden, analysierten nicht nur sie.
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