Geraubt oder verloren?

■ Umstände des Verschwindens einer geladenen Dienstwaffe sind nach wie vor ungeklärt / Augenzeugenberichte stehen im krassen Widerspruch zur offiziellen Darstellung

Die Umstände des Verschwindens einer Polizeidienstwaffe während einer Hausdurchsuchung am 8.9. in der Manteufelstraße werden immer dubioser. Die Polizei bestätigte bisher nur, daß „bei einer Rangelei mit Gegendemonstranten, die sich in der Nähe des durchsuchten Hauses aufhielten, einem Angehörigen der EbLT Sondereinheit die Waffe abhanden gekommen ist“. Ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt ist eingeleitet. Unklar ist bislang noch, wie der Vorwurf lauten soll. „Es kann Raub sein, Unterschlagung einer Fundsache oder aber auch nur der Verlust einer Dienstwaffe. Das müssen die weiteren Ermittlungen ergeben“, erklärte der Polizeisprecher gegenüber der taz.

Nach Informationen, die der taz vorliegen, muß die offizielle Darstellung des Vorgangs in Zweifel gezogen werden. Übereinstimmend haben Augenzeugen des Vorfalls der taz eine andere Version geschildert: Vor dem durchsuchten Haus hätte die Polizei mit einem großen Aufgebot die Straße abgesperrt. Unterdessen hätten sich gegenüber der Sperrkette etwa 300 Gegendemonstranten versammelt. Bis auf eine kleine Rangelei zwischen Demonstranten und Polizisten soll es keine weiteren Auseinandersetzungen gegeben haben.

Was bei dieser Rangelei passierte, schildern die Augenzeugen so: „Einer der Gegendemonstranten hat einen uniformierten Polizisten mehrmals heftig angerempelt, dabei habe ich gesehen, das dem Demonstranten ein Pistole runtergefallen ist. Die ist dann unter ein Auto gerutscht. Der Typ war ein Zivilbulle und hat sich gar nicht nach seiner Waffe gebückt. Er ist natürlich gleich abgehauen, weil wir den ja jetzt erkannt hatten.“ Aber auch seine uniformierten Kollegen machten bis zum Schluß der Hausdurchsuchung keinerlei Anstalten, die verlorene Waffe wiederzubekommen. „Die waren nicht mal aggressiv und sind dann ohne Hektik abgezogen. Na klar hätten sie die Waffe wieder holen können, zumal die Mehrheit der Demonstranten ja überhaupt nicht mitgekriegt hat, das der Zivi die verloren hat.“ Diesen Vorgang aufzuklären dürfte der Polizei eigentlich nicht schwerfallen: Sie hatte während der ganzen Zeit der Durchsuchung zwei Videokameras im Einsatz. Ein Dokumentationstrupp filmte auf der Straße die Gegendemonstranten ab und ein anderer aus dem 4. Stock des durchsuchten Hauses.

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